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Radetzkymarsch
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Bezirkshauptmann zog ein Zigarrenetui. »Zigarren rauch’ ich nicht!« sagte der Maler. Carl Joseph hielt einen Zigarettenkarton hin. Moser legte umständlich die Mappe vor die Füße, auf das Pflaster, füllte seine Schachtel, bat um Feuer, hielt beide Hände um das blaue Flämmchen. Seine Hände waren rot und klebrig, zu groß im Verhältnis zu ihren Gelenken, zitterten leise, erinnerten an sinnlose Werkzeuge. Seine Nägel waren wie kleine, flache, schwarze Spaten, mit denen er eben in Erde, Kot, farbigem Brei und flüssigem Nikotin geschaufelt hatte. »Wir sollen uns also nicht mehr wiedersehen«, sagte er und bückte sich nach der Mappe. Er stand auf, über seine Wangen rannen dicke Tränen. »Nie mehr wiedersehn«, schluchzte er. »Ich muß für einen Augenblick ins Zimmer«, sagte Carl Joseph und ging ins Hotel. Er rannte die Stufen hinauf ins Zimmer, beugte sich aus dem Fenster, beobachtete ängstlich seinen Vater, sah, wie der Alte die Brieftasche zog, der Maler zwei Sekunden darauf mit verjüngten Kräften dem Bezirkshauptmann die schauerliche Hand auf die Schulter legte und hörte, wie Moser ausrief: »Also, Franz, am Dritten, wie gewöhnlich!« Carl Joseph rannte wieder hinunter, es war ihm, als müßte er den Vater schützen; der Professor salutierte und trat zurück, ging, mit letztem Gruß, erhobenen Hauptes, mit nachtwandlerischer Sicherheit schnurgerade über die Fahrbahn und winkte vom gegenüberliegenden Bürgersteig noch einmal zurück, bevor er in einer Seitengasse verschwand. Aber einen Augenblick später kam er wieder zum Vorschein, rief laut: »Einen Moment!«, daß es in der stillen Gasse widerhallte, setzte mit unwahrscheinlich sicheren und großen Sprüngen über die Fahrbahn und stand vor dem Hotel, so unbekümmert und gleichsam neu angekommen, als hätte er sich nicht erst vor ein paar Minuten verabschiedet. Und als sähe er jetzt zum erstenmal seinen Jugendfreund und dessen Sohn, begann er mit einer klagenden Stimme: »Wie traurig ist es, sich so wiederzusehn! Weißt du noch, wie wir nebeneinander in der dritten Bank gesessen sind? In Griechisch warst du schwach, ich habe dich immer abschreiben lassen. Wenn du wirklich ehrlich bist, sag’s selbst, vor deinem Sprößling! Hab’ ich dich nicht alles abschreiben lassen?« Und zu Carl Joseph: »Er war ein guter Kerl, aber ein Traumichnicht, Ihr Herr Vater! Auch zu den Mädeln ist er spät gegangen, ich hab’ ihm Kurasch machen müssen, sonst hätt’ er nie hingefunden. Sei gerecht, Trotta! Sag, daß ich dich hingeführt habe!« Der Bezirkshauptmann schmunzelte und schwieg. Maler Moser machte Anstalten, einen längeren Vortrag zu beginnen. Er legte die Mappe auf das Pflaster, nahm den Hut ab, streckte einen Fuß vor und begann: »Wie ich zum 40
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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