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Radetzkymarsch
Seite - 89 -
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zu finden. Eine Nacht vor seinem Duell saß er wahrscheinlich bei Resi und trank auf seine eigene Gesundheit. Unmöglich aber zu erraten, wo Demant sich aufhielt. Vielleicht ging der Regimentsarzt durch die Gassen der Stadt. Vielleicht spazierte er zwischen den vertrauten Gräbern und suchte sich schon sein eigenes. »Zum Friedhof!« befahl der Leutnant dem erschrockenen Kutscher. Nicht weit von hier lagen die Friedhöfe beieinander. Der Schlitten hielt vor der alten Mauer und dem verschlossenen Gitter. Trotta stieg ab. Er trat an das Gitter. Dem irrsinnigen Einfall folgend, der ihn hierhergetrieben hatte, hielt er die gehöhlten Hände vor den Mund und rief gegen die Gräber hin mit einer fremden Stimme, die wie ein Heulen aus seinem Herzen kam, den Namen Doktor Demants; und glaubte selbst, während er schrie, daß er schon den Toten riefe und nicht mehr den Lebendigen; und erschrak und fing an zu zittern wie einer der nackten Sträucher zwischen den Gräbern, über die jetzt der winterliche Nachtsturm pfiff; und der Säbel schepperte an der Hüfte des Leutnants. Den Kutscher auf dem Bock des Schlittens grauste es vor seinem Fahrgast. Er dachte, einfältig, wie er war, der Offizier sei ein Gespenst oder ein Wahnsinniger. Er fürchtete aber auch, das Pferd anzutreiben und davonzufahren. Seine Zähne klapperten, sein Herz raste mächtig gegen den dicken Katzenpelz. »Steigen Sie doch ein, Herr Offizier!« bat er. Der Leutnant folgte. »Zur Stadt zurück!« sagte er. In der Stadt stieg er ab und trabte gewissenhaft durch die gewundenen Gäßchen und über die winzigen Plätze. Die blechernen Melodien eines Musikautomaten, der irgendwoher durch die nächtliche Stille zu schmettern begann, gaben ihm ein vorläufiges Ziel; er eilte dem metallenen Gerassel entgegen. Es drang durch die matt belichtete Glastür einer Kneipe in der Nähe des Unternehmens der Frau Resi, einer Kneipe, die häufig von den Mannschaften aufgesucht wurde und von Offizieren nicht betreten werden durfte. Der Leutnant trat an das hellerleuchtete Fenster und schaute über den rötlichen Vorhang ins Innere der Schenke. Er sah die Theke und den hageren Wirt in Hemdsärmeln. An einem Tisch spielten drei Männer, ebenfalls in Hemdsärmeln, Karten, an einem andern saß ein Korporal, ein Mädchen neben sich, Biergläser standen vor den beiden. In der Ecke saß ein Mann allein, einen Bleistift hielt er in der Hand, über ein Blatt Papier beugte er sich, schrieb etwas, unterbrach sich, nippte an einem Schnaps und sah in die Luft. Auf einmal richtete er seine Brillengläser gegen das Fenster. Carl Joseph erkannte ihn: Es war Doktor Demant in Zivil. Carl Joseph klopfte an die Glastür, der Wirt kam; der Leutnant bat ihn, den einsamen Herrn herauszuschicken. Der Regimentsarzt trat auf die Straße. »Ich bin’s, Trotta!« sagte der Leutnant und streckte die Hand aus. »Du hast mich gefunden!« sagte der Doktor. Er sprach leise, wie gewöhnlich, aber viel 89
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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