Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Radetzkymarsch
Seite - 101 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 101 - in Radetzkymarsch

Bild der Seite - 101 -

Bild der Seite - 101 - in Radetzkymarsch

Text der Seite - 101 -

Sogar der Rittmeister Taittinger, von dem das Gerücht ging, daß er bei andern Regimentern ein paar Duelle mit tödlichem Ausgang miterlebt hatte, veränderte sein gewohntes Gebaren. Während die Lauten und Leichtfertigen still und kleinlaut wurden, bemächtigte sich des allezeit leisen, hageren und genäschigen Rittmeisters eine merkwürdige Unruhe. Er konnte nicht mehr stundenlang allein hinter der Glastür der kleinen Konditorei sitzen und Backwerk verschlingen oder mit sich selbst oder mit dem Obersten wortlos Schach und Domino spielen. Er fürchtete die Einsamkeit. Er klammerte sich geradezu an die andern. War kein Kamerad in der Nähe, so betrat er einen Laden, um irgend etwas Überflüssiges zu kaufen. Er blieb lange stehen und plauderte mit dem Händler unnützes und törichtes Zeug und konnte sich nicht entschließen, den Laden zu verlassen; es sei denn, daß er einen gleichgültigen Bekannten draußen vorbeigehn sah, auf den er sich sofort stürzte. Dermaßen hatte sich die Welt verändert. Das Kasino blieb leer. Man unterließ die geselligen Ausflüge ins Unternehmen der Frau Resi. Die Ordonnanzen hatten wenig zu tun. Wer einen Schnaps bestellte, dachte beim Anblick des Glases, daß es just jenes wäre, aus dem vor ein paar Tagen noch Tattenbach getrunken hatte. Man erzählte zwar noch die alten Anekdoten, aber man lachte nicht mehr laut, sondern lächelte höchstens. Den Leutnant Trotta sah man nicht mehr außerhalb des Dienstes. Es war, als hätte eine geschwinde, zauberhafte Hand den Anstrich der Jugend aus dem Angesicht Carl Josephs weggewaschen. Man hätte in der ganzen kaiser- und königlichen Armee keinen ähnlichen Leutnant finden können. Es war ihm, als müßte er jetzt etwas Besonderes tun aber weit und breit fand sich nichts Besonderes! Es verstand sich von selbst, daß er das Regiment verließ und in ein anderes eingereiht wurde. Er aber suchte nach irgendeiner schwierigen Aufgabe. Er suchte in Wirklichkeit nach einer freiwilligen Buße. Er hätte es niemals ausdrücken können, aber wir können es ja von ihm sagen: Es bedrängte ihn unsäglich, daß er ein Werkzeug in der Hand des Unglücks war. In diesem Zustand befand er sich, als er seinem Vater den Ausgang des Duells mitteilte und seine unumgängliche Transferierung zu einem anderen Regiment ankündigte. Er verschwieg, daß ihm bei dieser Gelegenheit ein kurzer Urlaub zustand; denn er hatte Angst, sich seinem Vater zu zeigen. Es erwies sich aber, daß er den Alten nicht kannte. Denn der Bezirkshauptmann, das Muster eines Staatsbeamten, wußte in den militärischen Bräuchen Bescheid. Und merkwürdigerweise schien er sich auch in den Kümmernissen und Verwirrungen seines Sohnes auszukennen, was zwischen den Zeilen seiner Antwort deutlich sichtbar wurde. Die Antwort des Bezirkshauptmanns lautete nämlich folgendermaßen: 101
zurück zum  Buch Radetzkymarsch"
Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Radetzkymarsch