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Radetzkymarsch
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»Sehn Sie«, sagte Knopfmacher und setzte sich an den Tisch und bat lächelnd: »Behalten Sie doch Ihren Platz!« und fuhr fort, als der Leutnant wieder auf dem Sofa saß: »Genau das hat er von Ihnen gesagt, wie er noch gelebt hat. Welch ein Malheur!« Und er schüttelte ein paarmal den Kopf, und seine vollen, geröteten Wangen wackelten ein bißchen. Frau Demant zog ein Tüchlein aus dem Ärmel, hielt es vor die Augen, stand auf und ging aus dem Zimmer. »Wer weiß, wie sie’s überstehn wird!« sagte Knopfmacher. »Na, ich hab’ ihr lange genug zugeredet, vorher! Sie hat nix hören wollen! Sehn Sie doch, lieber Herr Leutnant! Jeder Stand hat seine Gefahren. Aber ein Offizier! Ein Offizier – verzeihn Sie – sollte eigentlich nicht heiraten. Unter uns gesagt, aber Ihnen wird er’s ja auch gewiß erzählt haben, er wollte den Abschied nehmen und sich ganz der Wissenschaft widmen. Und wie froh ich darüber war, kann ich ja gar nicht sagen. Er wäre gewiß ein großer Arzt geworden. Der liebe, gute Max!« Herr Knopfmacher erhob die Augen zum Porträt, ließ sie oben verweilen und schloß seinen Nachruf: »Eine Kapazität!« Frau Demant brachte den Sliwowitz, den ihr Vater liebte. »Sie trinken doch?« fragte Knopfmacher und schenkte ein. Er trug selbst das gefüllte Gläschen in vorsichtiger Hand zum Sofa. Der Leutnant erhob sich. Er fühlte einen schalen Geschmack im Mund wie einst nach dem Himbeerwasser. Er trank den Alkohol in einem Zug. »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehn?« fragte Knopfmacher. »Einen Tag vorher!« sagte der Leutnant. »Er hat Eva gebeten, nach Wien zu fahren, ohne etwas anzudeuten. Und sie ist ahnungslos abgefahren. Und dann ist sein Abschiedsbrief gekommen. Und da hab’ ich gleich gewußt, daß nix mehr zu machen ist.« »Nein, es war nichts zu machen!« »Es ist etwas nicht mehr Zeitgemäßes, entschuldigen Sie schon, an diesem Ehrenkodex! Wir sind immerhin im zwanzigsten Jahrhundert, bedenken Sie! Wir haben das Grammophon, man telephoniert über hundert Meilen, und Blériot und andere fliegen sogar schon in der Luft! Und, ich weiß nicht, ob Sie auch Zeitung lesen und in der Politik beschlagen sind: Man hört so, daß die Konstitution gründlich geändert wird. Seit dem allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht ist allerlei vorgegangen, bei uns und in der Welt. Unser Kaiser, Gott erhalte ihn uns lange, denkt gar nicht so unmodern, wie manche glauben. Freilich, die sogenannten konservativen Kreise haben ja auch nicht so ganz unrecht. Man muß langsam, bedächtig, mit Überlegung vorgehn. Nur nix überstürzen!« 108
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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