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Radetzkymarsch
Seite - 118 -
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Glucksen verriet der Bevölkerung denInhalt der Fässer. Die Offiziere des Zaren zeigten den Offizieren Seiner Apostolischen Majestät, was russische Gastfreundschaft hieß. Und keiner von den Offizieren des Zaren und keiner von den Offizieren der Apostolischen Majestät wußte um jene Zeit, daß über den gläsernen Kelchen, aus denen sie tranken, der Tod schon seine hageren, unsichtbaren Hände kreuzte. In der weiten Ebene zwischen den beiden Grenzwäldern, dem österreichischen und dem russischen, jagten die Sotnien der Grenzkosaken einher, uniformierte Winde in militärischer Ordnung, auf den kleinen, huschgeschwinden Pferdchen ihrer heimatlichen Steppen, die Lanzen schwenkend über den hohen Pelzmützen wie Blitze an langen, hölzernen Stielen, kokette Blitze mit niedlichen Fahnenschürzchen. Auf dem weichen, federnden Sumpfboden war das Getrappel kaum zu vernehmen. Nur mit einem leisen, feuchten Seufzen antwortete die nasse Erde auf den fliegenden Anschlag der Hufe. Kaum daß sich die tiefgrünen Gräschen niederlegten. Es war, als schwebten die Kosaken über das Gefilde. Und wenn sie über die gelbe, sandige Landstraße setzten, erhob sich eine große, helle, goldige, feinkörnige Staubsäule, flimmernd in der Sonne, breit zerflatternd, aufgelöst wieder niedersinkend in tausend kleinen Wölkchen. Die geladenen Gäste saßen auf rohgezimmerten, hölzernen Tribünen. Die Bewegungen der Reiter waren fast schneller als die Blicke der Zuschauer. Mit den starken, gelben Pferdezähnen hoben die Kosaken vom Sattel aus ihre roten und blauen Taschentücher vom Boden, mitten im Galopp, die Leiber senkten sich, jäh gefällt, unter die Bäuche der Rösser, und die Beine in den spiegelnden Stiefeln preßten gleichzeitig noch die Flanken der Tiere. Andere warfen die Lanzen weit von sich in die Luft, die Waffen wirbelten und fielen dann dem Reiter gehorsam wieder in die erhobene Faust; wie lebendige Jagdfalken kehrten sie zurück in die Hand ihrer Herren. Andere wieder sprangen geduckt, den Oberkörper waagerecht über dem Leib des Pferdes, den Mund brüderlich an das Maul des Tieres gepreßt, durch das erstaunlich kleine Rund eiserner Reifen, die etwa ein mäßiges Faß hätten umgürten können. Die Rösser streckten alle viere von sich. Ihre Mähnen erhoben sich wie Schwingen, ihre Schweife standen waagerecht wie Steuer, ihre schmalen Köpfe glichen dem schlanken Bug eines dahinschießenden Kahns. Wieder andere sprengten über zwanzig Bierfässer, die, Boden an Boden, hintereinanderlagen. Hier wieherten die Rösser, bevor sie zum Sprung ansetzten. Der Reiter kam aus unendlicher Ferne dahergesprengt, ein grauer, winziger Punkt war er zuerst, wuchs in rasender Geschwindigkeit zu einem Strich, einem Körper, einem Reiter, ward ein riesengroßer, sagenhafter Vogel aus Mensch und Pferdeleib, geflügelter Zyklop, um dann, wenn der Sprung geglückt war, ehern stehenzubleiben, hundert Schritte vor den Fässern, ein Standbild, ein 118
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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