Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Radetzkymarsch
Seite - 151 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 151 - in Radetzkymarsch

Bild der Seite - 151 -

Bild der Seite - 151 - in Radetzkymarsch

Text der Seite - 151 -

Sekunden lang schien es dem Leutnant, daß oben an der Wand das Porträt seines gealterten Vaters hänge und unten am Tisch lebendig und ein wenig verjüngt der Kaiser in Zivil sitze. Und fern und fremd wurden ihm sein Kaiser wie sein Vater. Der Bezirkshauptmann schickte indessen einen hoffnungslosen, prüfenden Blick rings um den Tisch, über die flaumigen und fast bartlosen Gesichter der jungen Offiziere und die schnurrbärtigen der älteren. Neben ihm saß Major Zoglauer. Ach, mit ihm hätte Herr von Trotta noch gerne ein besorgtes Wort über Carl Joseph gewechselt! Es war keine Zeit mehr. Draußen vor dem Fenster rangierte man schon den Zug. Ganz verzagt war der Herr Bezirkshauptmann. Von allen Seiten trank man auf sein Wohl, seine glückliche Reise und das gute Gelingen seiner beruflichen Aufgaben. Er lächelte nach allen Seiten hin, erhob sich, stieß da und dort an, und sein Kopf war schwer von Sorgen und sein Herz bedrängt von düsteren Ahnungen. War doch schon eine ungeheuer lange Zeit verstrichen seit seiner Abreise aus seinem Bezirk W.! Ja, der Bezirkshauptmann war heiter und übermütig in eine abenteuerliche Gegend und zu seinem vertrauten Sohn gefahren. Nun kehrte er zurück, einsam, von einem einsamen Sohn und von dieser Grenze, wo der Untergang der Welt bereits so deutlich zu sehen war, wie man ein Gewitter sieht am Rande einer Stadt, deren Straßen noch ahnungslos und glückselig unter blauem Himmel liegen. Schon läutete die fröhliche Glocke des Portiers. Schon pfiff die Lokomotive. Schon schlug der nasse Dampf des Zuges in grauen, feinen Perlen an die Fenster des Speisesaals. Schon war die Mahlzeit beendet, und alle erhoben sich. Das »ganze Bataillon« begleitete Herrn von Trotta auf den Perron. Herr von Trotta hatte den Wunsch, noch etwas Besonderes zu sagen, aber es fiel ihm gar nichts Passendes ein. Er schickte noch einen zärtlichen Blick zu seinem Sohn. Gleich darauf aber hatte er Angst, man würde diesen Blick bemerken, und er senkte die Augen. Er drückte dem Major Zoglauer die Hand. Er dankte Chojnicki. Er lüftete den würdigen, grauen Halbzylinder, den er auf Reisen zu tragen pflegte. Er hielt den Hut in der Linken und schlug die Rechte um den Rücken Carl Josephs. Er küßte den Sohn auf die Wangen. Und obwohl er sagen wollte: Mach mir keinen Kummer! Ich liebe dich, mein Sohn!, sagte er lediglich: »Halt dich gut!« – Denn die Trottas waren schüchterne Menschen. Schon stieg er ein, der Bezirkshauptmann. Schon stand er am Fenster. Seine Hand im dunkelgrauen Glacéhandschuh lag am offenen Fenster. Sein kahler Schädel glänzte. Noch einmal suchte sein bekümmertes Auge das Angesicht Carl Josephs. »Wenn Sie nächstens wiederkommen, Herr Bezirkshauptmann«, sagte der allzeit gutgelaunte Hauptmann Wagner, 151
zurück zum  Buch Radetzkymarsch"
Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Radetzkymarsch