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Radetzkymarsch
Seite - 183 -
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gekommen, er konnte auch zur Stabsschule gehen! Er würde bestimmt die Prüfungen machen und sogar außertourlich General werden, in einem Alter, in dem ihresgleichen gerade Hauptmann wurde und Sporen anlegen durfte. Es konnte ihm also nicht schaden, morgen zu dem Pallawatsch auszurücken! Er mußte am nächsten Tag schon zu früher Stunde ausrücken. Denn die Armee selbst regelte den Gang der Stunden. Sie ergriff die Zeit und stellte sie auf den Platz, der ihr nach militärischem Ermessen gebührte. Obwohl die »staatsgefährlichen Umtriebe« erst gegen Mittag zu erwarten waren, marschierte Leutnant Trotta schon um acht Uhr morgens auf der breiten, staubigen Landstraße auf. Hinter den sauberen, regelmäßigen Gewehrpyramiden, die friedlich und gefährlich zugleichaussahen, lagen, standen und wandelten die Soldaten. Die Lerchen schmetterten, die Grillen sirrten, die Mücken summten. Auf den fernen Feldern konnte man die bunten Kopftücher der Bäuerinnen leuchten sehen. Sie sangen. Und manchmal antworteten ihnen die Soldaten, die in dieser Gegend geboren waren, mit denselben Liedern. Sie hätten wohl gewußt, was sie drüben auf den Feldern zu tun hatten! Aber worauf sie hier warteten, verstanden sie nicht. War’s schon der Krieg? Sollten sie heute mittag schon sterben? Es gab in der Nähe eine kleine Dorfschenke. Dorthin ging Leutnant Trotta, einen Neunziggrädigen trinken. Die niedere Schankstube war voll. Der Leutnant erkannte, daß hier die Arbeiter saßen, die sich um zwölf Uhr vor der Fabrik versammeln sollten. Alle Welt verstummte, als er eintrat, klirrend und schrecklich gegürtet. Er blieb an der Theke stehen. Langsam, allzu langsam hantierte der Wirt mit Flasche und Gläschen. Hinter dem Rücken Trottas stand das Schweigen, ein massives Gebirge aus Stille. Er leerte das Glas auf einen Zug. Er fühlte, daß sie alle warteten, bis er wieder draußen wäre. Und er hätte ihnen gern gesagt, daß er nichts dafür könne. Aber er war weder imstande, ihnen etwas zu sagen, noch auch, sofort hinauszugehen. Er wollte nicht furchtsam erscheinen, und er trank noch mehrere Schnäpse hintereinander. Sie schwiegen noch immer. Vielleicht machten sie sich Zeichen hinter seinem Rücken. Er wandte sich nicht um. Er verließ schließlich das Wirtshaus und glaubte zu fühlen, daß er sich an dem harten Felsen aus Stille vorbeizwängte; und Hunderte Blicke steckten in seinem Nacken wie finstere Lanzen. Als er wieder seinen Zug erreichte, schien es ihm geboten, »Vergatterung!« zu kommandieren, obwohl es erst zehn Uhr vormittag war. Er langweilte sich, und er hatte auch gelernt, daß die Truppe durch Langeweile demoralisiert werde und daß Gewehrübungen ihre Sittlichkeit heben. Im Nu stand sein Zug vor ihm in den vorschriftsmäßigen zwei Reihen, und auf einmal, und wohl zum erstenmal in seinem soldatischen Leben, kam es ihm vor, daß die exakten 183
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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