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Radetzkymarsch
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Armee. Fremd war ihm der Allerhöchste Kriegsherr. Der Leutnant Trotta glich einem Manne, der nicht nur seine Heimat verloren hatte, sondern auch das Heimweh nach dieser Heimat. Er hatte Mitleid mit dem weißbärtigen Greis, der ihm immer näher kam, Tornister, Brotsäcke und Konserven neugierig betastend. Der Leutnant hätte sich jenen Rausch wieder gewünscht, der ihn in allen festlichen Stunden seiner militärischen Laufbahn erfüllt hatte, daheim, an den sommerlichen Sonntagen, auf dem Balkon des väterlichen Hauses, und bei jeder Parade und bei der Ausmusterung und noch vor wenigen Monaten beim Fronleichnamszug in Wien. Nichts rührte sich im Leutnant Trotta, als er fünf Schritte vor seinem Kaiser stand, nichts anderes regte sich in seiner vorgestreckten Brust als Mitleid mit einem alten Mann. Major Zoglauer schnarrte die vorschriftsmäßige Formel herunter. Aus irgendeinem Grunde gefiel er dem Kaiser nicht. Franz Joseph hatte den Verdacht, daß in dem Bataillon, das dieser Mann kommandierte, nicht alles zum Besten stünde, und er beschloß, es sich genauer anzusehen. Er blickte aufmerksam auf die reglosen Gesichter, zeigte auf Carl Joseph und fragte: »Ist er krank?« Major Zoglauer berichtete, was sich mit dem Leutnant Trotta zugetragen hatte. Der Name schlug an das Ohr Franz Josephs wie etwas Vertrautes, zugleich Ärgerliches, und in seiner Erinnerung erhob sich der Vorfall, wie er in den Akten geschildert war, und hinter diesem Vorfall erwachte auch jenes längst entschlafene Ereignis aus der Schlacht bei Solferino wieder. Er sah noch genau den Hauptmann, der in einer lächerlichen Audienz so beharrlich um die Abschaffung eines patriotischen Lesebuchstückes gebeten hatte. Es war das Lesestück Nummer fünfzehn. Der Kaiser erinnerte sich an die Zahl mit dem Vergnügen, das ihm gerade die geringfügigen Beweise für sein »gutes Gedächtnis« bereiteten. Seine Laune besserte sich zusehends. Wohlgefälliger erschien ihm auch der Major Zoglauer. »Ich erinnere mich noch gut an Ihren Vater!« sagte der Kaiser zu Trotta. »Er war sehr bescheiden, der Held von Solferino!« »Majestät«, erwiderte der Leutnant, »es war mein Großvater!« Der Kaiser trat einen Schritt zurück, wie weggedrängt von der gewaltigen Zeit, die sich plötzlich zwischen ihm und dem Jungen aufgetürmt hatte. Ja, ja! Er konnte sich noch an die Nummer eines Lesestücks erinnern, aber nicht mehr an die Unmenge der Jahre, die er zurückgelegt hatte. »Ach!« sagte er, »das war also der Großvater! So, so! Und Ihr Vater ist Oberst, wie?« »Bezirkshauptmann in W.« »So, so!« wiederholte Franz Joseph. »Ich werd’s mir merken!« fügte er hinzu: eine Art Entschuldigung für den Fehler, den er soeben gemacht hatte. Er stand noch eine Weile vor dem Leutnant, aber er sah weder Trotta noch 200
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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