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Radetzkymarsch
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Herz Herrn von Trottas. Und es sagte: Leg sofort dein Amt nieder! Geh frühzeitig in Pension. Im Dienst deines Kaisers hast du nichts mehr zu suchen! Im nächsten Augenblick aber sehne das väterliche Herz: Die Zeit ist schuld! Die Grenzgarnison ist schuld! Du selbst bist schuld! Dein Sohn ist aufrichtig und edel! Nur schwach ist er leider! Und man muß ihm helfen! Man mußte ihm helfen! Man mußte verhüten, daß der Name der Trottas entehrt und geschändet würde. Und in diesem Punkte waren sich beide Herzen Herrn von Trottas einig, das väterliche und das amtliche. Also galt es vor allem, Geld zu beschaffen, siebentausendzweihundertfünfzig Kronen! Die fünftausend Florin, einstmals von der kaiserlichen Gnade dem Sohn des Helden von Solferino gespendet, wie das ererbte Geld des Vaters waren längst nicht mehr vorhanden. Sie warendem Bezirkshauptmann unter den Händen zerronnen, für dies und jenes, für den Haushalt, für die Kadettenschule in Mährisch-Weißkirchen, für den Maler Moser, für das Pferd, für wohltätige Zwecke, Herr von Trotta hatte immer darauf gehalten, reicher zu erscheinen, als er war. Er hatte die Instinkte eines wahren Herrn. Und es gab um jene Zeit (und es gibt vielleicht auch heute noch) keine kostspieligeren Instinkte. Die Menschen, die mit derlei Flüchen begnadet sind, wissen weder, wieviel sie besitzen, noch, wieviel sie ausgeben. Sie schöpfen aus einem unsichtbaren Quell. Sie rechnen nicht. Sie sind der Meinung, ihr Besitz könne nicht geringer sein als ihre Großmut. Zum erstenmal in seinem nunmehr so langen Leben stand Herr von Trotta vor der unmöglichen Aufgabe, eine verhältnismäßig große Summe auf der Stelle zu beschaffen. Er hatte keine Freunde, jene Schulkollegen und Studiengenossen ausgenommen, die heute in Ämtern saßen wie er und mit denen er seit Jahren nicht verkehrt hatte. Die meisten waren arm. Er kannte den reichsten Mann dieser Bezirksstadt, den alten Herrn von Winternigg. Und er begann, sich langsam an den schauderhaften Gedanken zu gewöhnen, daß er zu Herrn von Winternigg gehen würde, morgen, übermorgen oder schon heute, um ein Darlehen bitten. Er hatte keine überaus starke Vorstellungskraft, der Herr von Trotta. Dennoch gelang es ihm, sich jeden Schritt dieses schrecklichen Bittganges mit qualvoller Deutlichkeit auszumalen. Und zum erstenmal in seinem nunmehr langen Leben mußte der Bezirkshauptmann erfahren, wie schwer es ist, hilflos zu sein und würdig zu bleiben. Wie ein Blitz fiel diese Erfahrung auf ihn nieder, zerbrach in einem Nu den Stolz, den Herr von Trotta so lange sorgfältig gehütet und gepflegt, den er ererbt hatte und weiterzuvererben entschlossen war. Schon war er gedemütigt wie einer, der seit vielen Jahren nutzlose Bittgänge unternimmt. Der Stolz war früher der starke Genosse seiner Jugend gewesen, später eine Stütze seines Alters geworden, nun war ihm der Stolz genommen, dem armen, alten Herrn Bezirkshauptmann! Er beschloß, sofort einen Brief an Herrn von Winternigg 237
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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