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Radetzkymarsch
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an Carl Joseph: »Wird erledigt. Gruß, Vater.« Er ist ganz sicher, daß alles gutgeht. Denn mag es vielleicht unmöglich sein, das Geld aufzubringen, noch weniger möglich ist es, daß die Ehre der Trottas gefährdet werde. Ja, der Bezirkshauptmann bildet sich ein, daß ihn der Geist seines Vaters, des Helden von Solferino, bewache und begleite. Und der Cognac wärmt sein altes Herz. Es schlägt ein bißchen heftiger. Er ist aber ganz ruhig. Und er bezahlt den Kutscher vor dem Eingang zur Villa Winterniggs und salutiert wohlwollend mit einem Finger, wie er immer kleine Leute zu grüßen pflegt. Wohlwollend lächelt er auch dem Diener zu. Mit Hut und Stock in der Hand wartet er. Herr von Winternigg kam, winzig und gelb. Er streckte dem Bezirkshauptmann sein dürres Händchen entgegen, fiel nieder in einen breiten Sessel und verschwand fast in der grünen Polsterung. Seine farblosen Augen richtete er gegen die großen Fenster. In seinen Augen lebte kein Blick, oder sie verbargen geradezu seinen Blick; sie waren matte, alte Spiegelchen, der Bezirkshauptmann sah nur sein eigenes kleines Abbild in ihnen. Er begann, geläufiger, als er es sich selbst zugetraut hätte, mit wohlgesetzten Entschuldigungen, und er erklärte, wieso es ihm unmöglich gewesen sei, seinen Besuch anzukündigen. Dann sagte er: »Herr von Winternigg, ich bin ein alter Mann.« Er hatte diesen Satz gar nicht sagen wollen. Die gelben, runzligen Lider Winterniggs klappten ein paarmal auf und nieder, und der Bezirkshauptmann hatte die Empfindung, er spräche zu einem alten, dürren Vogel, der die menschliche Sprache nicht verstand. »Sehr bedauerlich!« sagte dennoch Herr von Winternigg. Er sprach sehr leise. Seine Stimme hatte keinen Klang, wie seine Augen keinen Blick. Er hauchte, wenn er sprach, und entblößte dabei ein kräftiges, überraschendes Gebiß, breite, gelbliche Zähne, ein starkes Schutzgitter, das die Worte bewachte. »Sehr bedauerlich!« sagte Herr von Winternigg noch einmal. »Ich hab’ ja gar kein Bargeld!« Der Bezirkshauptmann erhob sich sofort. Auch Winternigg schnellte auf. Er stand, winzig und gelb, vor dem Bezirkshauptmann, bartlos vor einem silbrigen Backenbart, und Herr von Trotta schien zu wachsen und glaubte auch selbst zu fühlen, daß er wachse. War sein Stolz gebrochen? Keineswegs. War er gedemütigt? Er war es nicht! Er hatte die Ehre des Helden von Solferino zu retten, wie es die Aufgabe des Helden von Solferino gewesen war, das Leben des Kaisers zu retten. So leicht waren eigentlich die Bittgänge! Mit Verachtung, zum erstenmal füllte sich das Herz Herrn von Trottas mit wirklicher Verachtung, und die Verachtung war fast so groß wie sein Stolz. Er empfahl sich. Und er sagte mit seiner alten, hochmütig näselnden Stimme des Beamten: »Ich empfehle mich, Herr von Winternigg!« 241
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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