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Radetzkymarsch
Seite - 273 -
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strömten zum offenen Fenster herein. Der Sommer selbst rief den Leutnant Trotta. Chojnicki, in hellgrauem Anzug mit gelben Stiefeln, das gelbe Peitschenrohr in der Hand, war ein Abgesandter des Sommers. Der Leutnant fuhr mit dem Ärmel über die matte Scheide des Säbels, zog die Klinge, hauchte sie an, wischte mit dem Taschentuch über den Stahl und bettete die Waffe in ein Futteral. Es war, als putzte er eine Leiche vor der Bestattung. Bevor er das Futteral an den Koffer schnallte, wog er es noch einmal in der flachen Hand. Dann bettete er den Säbel Max Demants dazu. Er las noch die eingeritzte Inschrift unter dem Griff. »Verlaß diese Armee!« hatte Demant gesagt. Nun verließ man diese Armee… Die Frösche quakten, die Grillen zirpten, unten vor dem Fenster wieherten die Braunen Chojnickis, zogen ein bißchen am leichten Wägelchen, die Achsen der Räder stöhnten. Der Leutnant stand da, im aufgeknöpften Rock, das schwarze Halsband aus Kautschuk zwischen den offenen, grünen Aufschlägen der Bluse. Er wandte sich um und sagte: »Das Ende einer Karriere!« »Die Karriere ist zu Ende!« bemerkte Chojnicki. »Die Karriere selbst ist am Ende angelangt!« Jetzt legte Trotta den Rock ab, den Rock des Kaisers. Er spannte die Bluse über den Tisch, so wie man es in der Kadettenschule gelernt hatte. Er stülpte zuerst den steifen Kragen um, faltete hierauf die Ärmel und bettete sie in das Tuch. Dann schlug er die untere Hälfte der Bluse auf, schon war sie ein kleines Päckchen, das graue Moireeunterfutter schillerte. Dann kam die Hose darüber, zweimal geknickt. Jetzt zog Trotta den grauen Zivilanzug an, den Riemen behielt er, letztes Andenken an seine Karriere (den Umgang mit Hosenträgern hatte er niemals verstanden). »Mein Großvater«, sagte er, »dürfte auch eines Tages seine militärische Persönlichkeit so ähnlich eingepackt haben!« »Wahrscheinlich!« bestätigte Chojnicki. Der Koffer stand noch offen, die militärische Persönlichkeit Trottas lag drinnen, eine vorschriftsmäßig zusammengefaltete Leiche. Es war Zeit, den Koffer zu schließen. Nun ergriff der Schmerz plötzlich den Leutnant, die Tränen stiegen ihm in den Hals, er wandte sich Chojnicki zu und wollte etwas sagen. Mit sieben Jahren war er Stift geworden, mit zehn Kadettenschüler. Er war sein Leben lang Soldat gewesen. Man mußte den Soldaten Trotta begraben und beweinen. Man senkte nicht eine Leiche ins Grab, ohne zu weinen. Es war gut, daß Chojnicki danebensaß. »Trinken wir«, sagte Chojnicki. »Sie werden wehmütig!« Sie tranken. Dann stand Chojnicki auf und schloß den Koffer des 273
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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