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Radetzkymarsch
Seite - 278 -
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unbeweglich, die schwarzen Vögel, und krächzten nur. Stepaniuk warf Steine gegen sie. Aber die Raben schlugen nur ein paarmal mit den Flügeln. Sie hockten wie angewachsene Früchte auf den Zweigen. »Ich werde schießen«, sagte Stepaniuk. Er ging ins Haus, er holte die Flinte, er schoß. Ein paar Vögel fielen nieder, der Rest schien den Knall nicht gehört zu haben. Alle blieben auf den Zweigen hocken. Stepaniuk las die schwarzen Leichen auf, er hatte ein gutes Dutzend geschossen, er trug seine Beute in beiden Händen zum Haus, das Blut tropfte auf das Gras. »Merkwürdige Raben«, sagte er, »sie rühren sich nicht. Es sind die Propheten unter den Vögeln.« Es war Freitag. Am Nachmittag ging Carl Joseph wie gewöhnlich durch die Dörfer. Die Grillen zirpten nicht, die Frösche quakten nicht, nur die Raben schrien. Überall saßen sie, auf den Linden, auf den Eichen, auf den Birken, auf den Weiden. Vielleicht kommen sie jedes Jahr vor der Ernte, dachte Trotta. Sie hören, wie die Bauern die Sensen schleifen, dann versammeln sie sich eben. – Er ging durch das Dorf Burdlaki, er hoffte im stillen, daß Onufrij wieder kommen würde. Onufrij kam nicht. Vor den Hütten standen die Bauern und schliffen den Stahl an den rötlichen Steinen. Manchmal sahen sie auf, das Krächzen der Raben störte sie, und schossen schwarze Flüche gegen die schwarzen Vögel ab. Trotta kam an der Schenke Abramtschiks vorbei, der rothaarige Jude saß vor dem Tor, sein Bart leuchtete. Abramtschik erhob sich. Er lüftete das schwarze Samtkäppchen, deutete in die Luft und sagte: »Raben sind gekommen! Sie schreien den ganzen Tag! Kluge Vögel! Man muß achtgeben!« »Vielleicht, ja, vielleicht haben Sie recht!« sagte Trotta und ging weiter, den gewohnten, weidenbestandenen Pfad, zu Chojnicki. Jetzt stand er unter den Fenstern. Er pfiff. Niemand kam. Chojnicki war sicherlich in der Stadt. Trotta ging den Weg zur Stadt, zwischen den Sümpfen, um niemandem zu begegnen. Nur die Bauern benutzten diesen Weg. Einige kamen ihm entgegen. Der Pfad war so schmal, daß man einander nicht ausweichen konnte. Einer mußte stehenbleiben und den andern vorbeilassen. Alle, die Trotta heute entgegenkamen, schienen hastiger dahinzugehen als sonst. Sie grüßten flüchtiger als sonst. Sie machten größere Schritte. Sie gingen mit gesenkten Köpfen wie Menschen, die von einem wichtigen Gedanken erfüllt sind. Und auf einmal, Trotta sah schon den Zollschranken, hinter dem das Stadtgebiet begann, vermehrten sich die Wanderer, es war eine Gruppe von zwanzig und mehr Menschen, die jetzt einzeln abfielen und hintereinander den Pfad betraten. Trotta blieb stehen. Er merkte, daß es Arbeiter sein mußten, Borstenarbeiter, die in die Dörfer 278
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Radetzkymarsch
Titel
Radetzkymarsch
Autor
Joseph Roth
Datum
1932
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
294
Schlagwörter
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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