Seite - 287 - in Radetzkymarsch
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einander abgewechselt, nach den alten, unbeirrbaren Gesetzen der Natur, aber
den Menschen unter dem roten Schleier des Krieges dennoch kaum fühlbar –
und dem Bezirkshauptmann von allen Menschen am allerwenigsten. Sein
Kopf zitterte noch ständig wie eine große, aber leichte Frucht an einem allzu
dünnen Stengel. Der Leutnant Trotta war schon längst vermodert oder von
den Raben zerfressen, die damals über den tödlichen Bahndämmen kreisten,
aber dem alten Herrn von Trotta war es immer noch, als hätte er gestern erst
die Todesnachricht erhalten. Und der Brief Major Zoglauers, der ebenfalls
schon gestorben war, lag in der Brusttasche des Bezirkshauptmanns, jeden
Tag wurde er aufs neue gelesen und in seiner fürchterlichen Frische erhalten,
wie ein Grabhügel erhalten wird von sorgenden Händen. Was gingen den
alten Herrn von Trotta die hunderttausend neuen Toten an, die seinem Sohn
inzwischen gefolgt waren? Was gingen ihn die hastigen und verworrenen
Verordnungen seiner vorgesetzten Behörde an, die Woche für Woche
erfolgten? Und was ging ihn der Untergang der Welt an, den er jetzt noch
deutlicher kommen sah als einstmals der prophetische Chojnicki? Sein Sohn
war tot. Sein Amt war beendet. Seine Welt war untergegangen.
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Buch Radetzkymarsch"
Radetzkymarsch
- Titel
- Radetzkymarsch
- Autor
- Joseph Roth
- Datum
- 1932
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 294
- Schlagwörter
- Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
- Kategorien
- Weiteres Belletristik