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622 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Sternbachs
Genethliacon fĂĽr
Joseph II.
Sperges zum
selben Anlass Das Genethliacon […] neo-nato Josepho […] („Geburtstagsgedicht […] für den
neu geborenen Joseph […]“ ; Innsbruck 1741) des Philosophiestudenten Franz Xa-
ver von Sternbach aus Bruneck (vgl. Haidacher 1961, Nr. 2526) gibt schon im
vollständigen Titel an, zu den diesbezüglichen Festlichkeiten in Innsbruck verfasst
zu sein, die dort, wie eine deutsche Festbeschreibung, die Vereinigte Freuden-Stimm
(Innsbruck 1741) berichtet, am 24. 4. 1741 stattfanden. Das gut 200 Verse lange
Werk wendet sich nach einer kurzen Beschreibung des glücklichen Anlasses ([2]–
[4]) der schwierigen außenpolitischen Situation zu ([4]–[6] ; Konflikte mit Preu-
Ăźen, Spanien und dem Osmanischen Reich), welche als Folie fĂĽr Josephs kĂĽnfti-
ges segen- und friedenbringendes Wirken fungiert ([6]–[8]), geht dann auf dessen
habsburgische Vorbilder, v.a. Karl VI., über ([8]–[10]) und schließt mit einer ex-
hortatio („Aufforderung“) zur Herrschertugend ([10]). Dieser Gedankengang ori-
entiert sich an Vergils vierter Ekloge, wo ebenfalls auf eine schwierige Gegenwart
eine friedliche Zukunft unter der Herrschaft eines eben geborenen Knaben folgt,
dem sich der Sprecher zum Schluss protreptisch zuwendet. Sprachliche Echos (z.B.
[3] : magnum Regni Incrementum, „großes Wachstum des Reichs“, vgl. Verg. ecl.
4,49) machen den Bezug sinnfällig. Die vierte Ekloge ist ohnehin ein nahe liegen-
des Vorbild, doch Sternbach könnte zu ihrer Verwendung zusätzlich durch eine
deutschsprachige Elegie mit dicht gesäten Bezügen auf sie angeregt worden sein,
die bei den Festlichkeiten des 24. 4. das Landhaus zierte (Vereinigte Freuden-Stimm
15). Das Hauptbild des Landhausschmucks wiederum könnte ein zweites Element
in Sternbachs Gedicht inspiriert haben : Wenn Joseph als Phönix beschrieben wird,
der aus der Asche des jüngst verstorbenen Karl VI. emporsteigt ([3]), so liest sich
das wie eine literarische Umsetzung dieser Darstellung, die neben „verschiedene
Urnas, oder Aschen-Gefäß“ Josephs Wiege zeigte : „Hinder dem Haubt der Wiege
steigen allseits helle Flammen empor / und aus selben schwinget sich ein weisser
Phönix-Vogel in die Höche“ (Vereinigte Freuden-Stimm, 13–14).
Einen ehrgeizigeren Beitrag zum selben Anlass, der erst 1743 ohne Angabe des
Druckorts erschien, lieferte der später als Politiker, Historiker, Kartograph und
Kunstmäzen berĂĽhmte Josef von Sperges (vgl. hier S.Â
989) damals erst ein 18-jähri-
ger Student der Philosophie und der Rechte in Innsbruck.
Sein 40 Seiten und rund 1400 Verse (mit ca. 30 FuĂźnoten historischen und prosopo-
graphischen Inhalts) umfassendes Geburtsepos gliedert sich nach einem Prosaproömium
an die Innsbrucker (Bl. A2r–A4v) und einer einleitenden Rahmenhandlung, in der die
um Karl VI. trauernde Austria durch die Nachricht von Josephs Geburt aufgeheitert wird
(1–4), in eine lange Rede dieser Göttin (4–36) und eine kürzere der Prudentia (36–40 ;
„Klugheit“) an der Wiege des Neugeborenen. Die Austriarede, die sich v.a. mit Josephs
Vorfahren beschäftigt und sich erst gegen Schluss seiner Zukunft und dabei auch der Treue
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322