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Theater 673
Themistocles
Eltern gegen ihren Kindern (Valentin 1, Nr. 4863 ; Perioche : TLMF, FB 572/36) ;
Themistocles, oder : Liebe des Vatterlands ; und Protasius, oder : UnglĂĽckseeliger Staats-
Streich Protasii, Königs in Arima.15 Die in den Untertiteln auf den Punkt gebrachten
moralischen Themen reflektieren klar die für das aufklärerische Paradigma charak-
teristischen Interessen : Familie, Vaterland und Staat. Religion wird zur Nebensa-
che, sofern ihr überhaupt ein Platz eingeräumt wird.
Als Beispiel sei hier Claus’ Themistocles besprochen, ein Stück, das Elida Maria
Szarota in ihrer Edition der Perioche eines „der bedeutendsten Dramen der Jesui-
tenbühne“ genannt hat (Szarota 1979–1987, Bd. 2,2, 2266). Der Stoff wurde vor
Claus offenbar nur einmal von den Jesuiten adaptiert. Diese spätbarocke Wiener
Aufführung von 1697 (Valentin 1, Nr. 3282) hat aber nichts mit Claus’ Version
zu tun, sodass sein StĂĽck schon durch die Stoffwahl und -bearbeitung originell ist.
Die im argumentum der Perioche angegebene Quelle ist Valerius Maximus (Val.
Max. 5,3 ext. 3e und g ; 5,6 ext. 3), aber die zusätzliche Lektüre der ausführlicheren
Versionen bei Plutarch und Nepos ist anzunehmen. Die Ausgangssituation besteht
darin, dass Themistokles, der athenische Held der Perserkriege, auf Betreiben Spar-
tas wegen angeblichen Hochverrats aus Griechenland verbannt wurde. Er findet
gastliche Aufnahme beim Perserkönig Artaxerxes, an dessen Hof er u.a. eine Perse-
rin heiratet und – was freie Erfindung ist – von dieser eine Tochter bekommt, die
zum Zeitpunkt der Handlung schon erwachsen ist. Die Fassungen der Perioche
und des gedruckten Spieltexts weisen gewisse Unterschiede in Anzahl, Anordnung
und Inhalt von Szenen auf, die im Anschluss an die Inhaltsangabe noch besprochen
werden. Hier folge ich der Edition des Spieltextes :
1. Akt : Themistokles erhält die Nachricht, dass er in Griechenland wieder willkommen
sei. Seine Tocher Asietta versteht die Freude ihres Vaters darĂĽber nicht : Wie kann er die
Macht und Pracht Persiens fĂĽr das schlichte und demokratische Leben in Athen aufgeben ?
Themistokles weist u.a. auf sein Streben nach Ansehen und die Schande der Verbannung
hin, die er nun tilgen kann. Artaxerxes erklärt, dass eine griechische Gesandtschaft einen
Handel vorgeschlagen hat : Griechenland wird den totgeglaubten, tatsächlich aber gefange-
nen Astyages, den Ehemann Asiettas, zurĂĽckgeben, wenn Themistokles nach Griechenland
folgt. Als die Gesandten auftreten, weisen sie Themistokles jedoch schroff zurĂĽck, schelten
ihn einen Verräter und drohen ihm einen Prozess in Athen an. Themistokles’ griechischer
Sohn Cleophantus kommt verspätet, um ihn zu warnen : Die Spartaner bezichtigen ihn,
15 Letzteres Stück fällt durch das Setting in Japan aus dem antiken Rahmen. Beim Protagonisten han-
delt es sich um den japanischen Daimyō Arima Harunobu (1567–1612), der unter dem Taufnamen
Protasius zum Christentum konvertierte. Zum StĂĽck vgl. Valentin 1, Nr. 4976 ; Perioche : TLMF,
FB 572/37 ; Musiktext : UBA, 02/III.7.4.55-2angeb.14 und 02/III.7.4.55-12angeb.14.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322