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684 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Praemia Aureliani öffentlichen Aufführung zweifeln. Wenn es aber eine solche gegeben hat, war der
Schlüssel zur Identifizierung der Personen wohl ein Geheimnis – die Hs. fügt ihm
tatsächlich ein in silentio („im Stillschweigen“) hinzu. Gleich zu Beginn erfahren
wir, dass der den Magistrat vorstellende Neptun zu dumm zum Lateinsprechen
ist, weshalb sich die Rhetorik der Volkssprache anpassen muss. Das tut sie dann,
enttäuscht von der Bildungsfeindlichkeit Neptuns, mitunter so :
Ey ! du grauer Wasser-Limmel !
Du alter Wasser-Gott !
Du plumper Tolben-Gott !
Du eitler Stokfisch-Gott !
Geh, oder ich zerwirf dich mit Khot.
Die Rhetorik zieht weiter zu Bacchus, dessen Weinkonsum zwar seine Zunge für das La-
teinsprechen lockert (Si bibo vinum, loquitur mea lingua Latinum, „Wenn ich trinke Wein,
spricht meine Zunge Latein“), aber seinen Verstand so benebelt, dass er vom Anliegen
der Rhetorik rein gar nichts mitbekommt. So setzt die Rhetorik ihren Weg erfolglos fort,
bis sie zu den rhetorischen Gemeinplätzen kommt, die ihre Lage verstehen. Sie erklären
ihr – jeweils ihrer Natur treu – welche Reformen am Brixner Gymnasium nötig sind : Es
handelt sich um eben jene, die Resch im Jahr zuvor eingeführt hat. Die Distributio Par-
tium („Verteilung der Teile“) erörtert z.B. die zweckmäßige Aufteilung der Klassen und des
Lehrstoffes, die durch eine Rhetorikklasse möglich würde. Damit scheinen die Probleme
fürs Erste gelöst und das Stück endet mit der Preisverleihung an die Schüler der neuen
Rhetorikklasse.
Die 1753 aufgeführte Komödie hieß Praemia Aureliani aurea, non aurea („Aurelians
goldene und doch nicht goldene Preise“ ; SEM, F 18). Sie dramatisiert scherzhaft
eine in der Historia Augusta erzählte Episode aus dem Leben Kaiser Aurelians (SHA
Aurelian. 35,1) : Dieser soll dem römischen Volk zwei Pfund schwere Kronen ver-
sprochen haben, wenn er im Osten einen Sieg erringen würde. Als sich der Sieg tat-
sächlich einstellte, hofften die Römer auf Kronen aus Gold, Aurelian aber löste sein
Versprechen mit Kronen aus Brot ein und sichert so den Lebensunterhalt seines
Volkes. Diese Situation dient im Stück als Allegorie auf die jährlich stattfindende
Preisverleihung an die Schüler, die nun in die Rolle der Römer unter Aurelian
schlüpfen. Besonders interessant ist dabei, dass sich Vertreter verschiedener Natio-
nen in Rom treffen und u.a. ihre Verständigungsschwierigkeiten und Nationalcha-
raktere thematisiert werden. Hier ein Beispiel aus der ersten Szene des ersten Aktes
(die „Kronen“ Aurelians werden stets als „Preise“ bezeichnet, um den Zusammen-
hang mit der im Gymnasium stattfindenden Preisverteilung klarzumachen) :
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322