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Rechtswissenschaft 885
Woller,
Discursus iuridicus
Johann Ulrich
Rudolphi
Der erste Teil behandelt das richterliche Ermessen allgemein in seiner Ausprägung als of-
ficium nobile („Ehrenpflicht“) und als officium mercenarium („Lohnpflicht“), die Voraus-
setzungen fĂĽr seine AusĂĽbung und den Unterschied zwischen Richter- und Schiedsrich-
teramt. Der zweite Teil diskutiert einige Spezialfragen : Die erste quaestio widmet sich der
Bemessung des Streitwertes bei unverschuldetem Verzug, die zweite der Herausgabe von
Beweisen auf Verlangen des Richters und die dritte der richterlichen Festsetzung von Un-
terhalts- und Gehaltszahlungen ; die vierte traktiert unter dem Titel Resolutiones de officio
iudicis miscellaneae („Vermischte Erörterungen zur Pflicht des Richters“) Einzelprobleme,
fĂĽr deren eingehendere Diskussion Tschiderer die Zeit oder der Platz fehlte.
Franz Ignaz Woller (1650–1717), der Nachfolger Sebastian Mayers auf dem Lehr-
stuhl des Codex, blieb wie sein Vorgänger nur kurz an der Universität. Der gebür-
tige Klagenfurter hatte in Ingolstadt studiert und danach zunächst in Dillingen
die Institutionen gelehrt. Er kam 1687 nach Innsbruck, wurde 1691 oberösterrei-
chischer Regimentsrat und wechselte 1697 an die Universität Salzburg (Gasser 4,
184 ; Sattler 1890, 223–224 ; Kollman 1965). Woller forschte zu allen Gebieten
des Rechts, besonders aber zum Prozessrecht. Von seinen Innsbrucker Werken, die
sämtlich auch Grundlage universitärer Disputationen waren, sei hier der Discursus
iuridicus de restitutione in integrum minorum („Juristische Erörterung über die Wie-
dereinsetzung Minderjähriger in den vorigen Stand“ ; Innsbruck 1687) herausge-
griffen. Es handelt sich um eine Monographie über die Möglichkeiten Minderjäh-
riger, ein Rechtsgeschäft rückgängig zu machen und in denselben rechtlichen Status
versetzt zu werden, den sie vor dessen Abschluss gehabt hatten.
Ausgehend von der Definition des Rechtsmittels (1–29) behandelt Woller zunächst des-
sen causa efficiens (29–49 ; „wirkende Ursache“, hier Richter und Landesfürst), sein subiec-
tum activum et passivum (49–69 ; „aktives und passives Betroffenes“, hier Minderjähriger
und Prozessgegner) und seine materia (70–81 ; „Gegenstand“, z.B. ein Grundgeschäft) ;
die aristotelische Terminologie, die er dabei verwendet, v.a. Aristoteles’ verschiedene Ur-
sachen, sind in juristischen Traktaten generell schon frĂĽh nachweisbar (Lange 1997, 363).
Besonders ausfĂĽhrlich werden dann die formellen Rahmenbedingungen wie Gerichtsort,
Wirkung und Formulierung der Volljährigkeitserklärung (82–118) sowie die Wirkungen
der restitutio (118–134) besprochen. Zuletzt setzt sich Woller mit Hindernissen und Nich-
tigkeitsgründen auseinander (134–149).
1685 übernahm der Bregenzer Johann Ulrich Rudolphi (1644–1716 ; vgl. Gasser
3, 183 ; Staudinger 1968, 603) die Institutionen. Rudolphi hatte in Freiburg i.B.
studiert und war vor seiner Berufung als Hofadvokat tätig gewesen. 1688 stieg er
zum Professor der Pandekten auf, ab 1698 lehrte er den Codex. Neben der Centuria
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322