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900 Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773)
Dissertatio de iure
beneficiali
Kanonistik
in den Klöstern :
Tobias Zigl
Iurisdictio quasi
episcopalis Hier sei ein Blick auf seine Dissertatio iuridica de iure beneficiali („Abhandlung
über das Benefizialrecht“) geworfen, die gemeinsam mit einer zweiten dissertatio
zum Patronatsrecht 1750 in Augsburg erschien. Die gut 50 Seiten umfassende
Schrift behandelt in acht Kapiteln ein Thema von großer praktischer Bedeutung,
nämlich das Recht der beneficia, d.h. derjenigen Lehen, welche die Kirche dem
einzelnen Geistlichen für die Dauer seiner Tätigkeit zur Fruchtziehung überließ.
Biner beginnt mit einer Definition der beneficia (Kap. 1) und ihrer Einteilung (Kap. 2). In
der Folge widmet er sich den beteiligten Personen, nämlich dem collator („Verleiher“ ; Kap.
3) und dem beneficiatus („Begünstigter“ ; Kap. 4). Anschließend wird die Art der Verlei-
hung beschrieben (Kap. 5). Großes Gewicht legt Biner auf das Problem der Benefizienku-
mulation, einen schon im Mittelalter üblichen Missbrauch, der trotz großer Anstrengun-
gen der Päpste kaum in den Griff zu bekommen war. In diesem Zusammenhang behandelt
er auch die mit einem beneficium zusammenhängenden Pflichten, v.a. die Residenzpflicht,
wobei er die gewohnheitsrechtliche Untergrabung der einschlägigen Beschlüsse des Triden-
tinum beklagt (Kap. 6). Danach werden noch Teilung und Zusammenlegung (Kap. 7) und
schließlich Stiftung und Beendigung der beneficia beschrieben (Kap. 8).
Wie das in der vorhergehenden Epoche behandelte Beispiel Wilhelm Bliemels (vgl.
hier S. 584–586) bereits angedeutet hat, stand die kirchenrechtliche Ausbildung
auch in manchen Klöstern auf hohem Niveau. Ein bekannter Kanonist aus dem
Zisterzienserorden war etwa der Haller Tobias Zigl (1634/35–1680). Er trat 1652
in das Stift Stams ein, studierte in Ingolstadt und war seit 1662 in Stams Professor
für Theologie. ‚Gastprofessuren‘ bekleidete er 1670/71 im Stift Wettingen in der
Schweiz – während dieses Aufenthaltes wurde er in Luzern zum apostolischen Pro-
tonotar ernannt – und 1674/75 im Stift Ettal in Bayern (Gasser 4, 213–214 ; Album
Stamsense 42).
Von Zigls kirchenrechtlichen Werken – er verfasste daneben auch theologische
und philosophische Schriften – sei hier die Iurisdictio quasi episcopalis („Gleich-
sam bischöfliche Hoheitsgewalt“ ; Wettingen 1671) besprochen. Die nur 16-sei-
tige, knapp und technisch gehaltene Schrift behandelt die Hoheitsgewalt (d.h. im
Kirchenrecht die gesamte Rechts- und Verwaltungshoheit einschließlich der Ge-
richtsbarkeit) der Äbte von Stams. Das Thema war insofern ein Dauerbrenner, als
die Bischöfe von Brixen immer wieder versuchten, diese Hoheitsgewalt an sich zu
reißen (vgl. hier S. 492).
Da die iurisdictio von Stams auf seiner Exemption von der bischöflichen Hoheitsgewalt
durch den Papst basiert, bespricht Zigl zu Beginn die Ausnahme von der Hoheitsgewalt
i.A., die als favor („Begünstigung“) eines höher stehenden Geistlichen oder Laien nicht
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322