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912 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
politische Lager
Vertreibung der
Protestanten
Kloster-
aufhebungen
Klosterreformen gang mit dem Gedenken an die Ereignisse des Jahres 1809 zunächst sehr vorsich-
tig : Andreas Hofers in Mantua ruhende Gebeine wurden in einer illegalen Aktion
1823 exhumiert und nach Innsbruck überführt. Wien warnte vergeblich vor der
endgültigen Beisetzung in der Hofkirche. 1838 ließ der Kaiser aber dann doch ein
Denkmal für Hofer errichten (vgl. Abb. 145).
Die erste Hälfte des 19. Jhs. wurde als eine Epoche der Vorbereitung auf die
großen Umwälzungen beschrieben, zu denen es in seiner zweiten Hälfte kommen
sollte. Dies trifft in besonderem Maße auch auf die Politik zu. Während Parteien in
Österreich erst nach 1848 offiziell zugelassen waren, entwickelten sie sich de facto
schon in den Jahrzehnten zuvor. In Tirol hing Landeshauptmann Joseph von Giova-
nelli (1784–1848) der konservativ-klerikalen Richtung an und unterhielt Kontakte
zu deutschen Romantikern sowie zu Vertretern des politischen Katholizismus, z.B.
zu Joseph und Guido Görres, die ihn oft in Bozen besuchten. Die Liberalen hinge-
gen scharten sich um den Bozner Rechtsanwalt Joseph Streiter, der auch als Dichter
hervortrat, und standen in Verbindung mit freiheitlich-nationalen Strömungen in
Deutschland. Beide Lager verliehen ihren Ideen poetischen Ausdruck und umgin-
gen österreichische Verbote durch publizistische Tätigkeit v.a. in süddeutschen Zei-
tungen. Besonderen Zündstoff lieferte ihnen neben der Rückberufung der Jesuiten
v.a. die Vertreibung der Protestanten aus dem Zillertal.
Trotz der massiven Bemühungen der Gegenreformation hatte sich im Zillertal
die protestantische Konfession im Untergrund gehalten. 1832 baten die Anhän-
ger Luthers darum, eine eigene Kultusgemeinde gründen zu dürfen, wogegen sich
konservativ-klerikale Kräfte entschieden aussprachen. Der Kaiser riet ihnen zur
Auswanderung in Orte, in denen es bereits protestantische Gemeinden gebe, oder
zur Konversion – beides wurde abgelehnt. Der Tiroler Landtag betrieb daraufhin
ihre Ausweisung : 1837 mussten über 400 Zillertaler das Land verlassen.
Nicht nur die Jesuiten konnten zwischen 1773 und 1830 nicht in Tirol wirken,
auch andere Orden hatten unter Joseph II. (vgl. Abb. 146) mit schweren Repressi-
onen zu kämpfen. Neben hunderten Kirchen und Kapellen, die entsprechend der
josephinischen Pfarrregulierung geschlossen werden mussten, gingen allein in Ti-
rol zwei Dutzend Niederlassungen von Bettel- und beschaulichen Orden endgültig
unter. Ihr Vermögen floss in den neuen Religionsfonds, viele Kunstschätze gingen
verloren. Lauten (auch lat. geäußerten) Unmut der Bevölkerung erregte besonders
die Aufhebung von Wallfahrtskirchen und des Wetterläutens sowie der Herz-Jesu-
Verehrung. Am lukrativsten für den Religionsfonds erwies sich die Aufhebung des
Königlichen Haller Damenstiftes.
Die großen Tiroler Stifte der Zisterzienser in Stams, der Prämonstratenser in
Wilten, der Benediktiner in Fiecht und der Augustiner-Chorherren in Neustift
wurden zwar nicht aufgelöst, jedoch mit einem Kommendatarabt versehen, einer
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322