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944 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Tiroler
âHeldenzeitalterâ
zwei Roveretaner
Schulreden von
Lorenzi
De elegantia
sermonis und â kurz â dessen erfolgreiche FĂŒhrung (5â12), ein zweiter bringt einen Katalog
der Belohnungen, mit denen Franz II. den Einsatz der Tiroler wĂŒrdigt (13â20) ;
eine peroratio mit Beteuerungen der Ergebenheit der Tiroler gegenĂŒber dem Kaiser
bildet den Abschluss (20).
Die Rede, die sich in ĂŒppigen Perioden ergeht und in Hyperbeln und Superlati-
ven schwelgt, ist nicht nur als âKreuzungâ zwischen Herrscherpanegyrik und Schul-
rede, sondern auch aufgrund ihrer ideologischen Dimension interessant. Zwar
zeichnet Rigler Franz II. als souverÀnen Kriegsherren und vÀterlichen Herrscher
und stilisiert ihn zum Helden des Geschehens, doch bietet er seinen Zuhörern â
Lehrern, SchĂŒlern, Eltern und vielleicht vielen anderen â auch den Preis tirolischer
Tapferkeit, den diese bestimmt erwarteten. Schon zu Beginn (4â5) erklĂ€rt er pro-
grammatisch, die ĂŒberragende Bedeutung des Kaisers schmĂ€lere das Verdienst der
Tiroler nicht, und wenn er spĂ€ter (14â15) in extenso das lobende Dekret Franz II.
vom 7. 9. 1797 zitiert, das u.a. von der singularis devotio et fides (âeinzigartige Hin-
gabe und Treueâ), der intrepida fortitudo et indefessa perseverantia (âunerschrockene
Tapferkeit und unermĂŒdliche HartnĂ€ckigkeitâ) der Tiroler spricht, so kehrt er da-
mit die traditionellen Rollen von Panegyriker und Gefeiertem geradezu um. Die
Rede proklamiert bereits deutlich hörbar das âHeldenzeitalterâ Tirols, das gerade
erst begonnen hat, und gehört so zu den frĂŒhesten Fassungen eines Mythos, der bis
heute das Tiroler SelbstverstÀndnis mitprÀgt.
Konventioneller sind zwei Reden, die der Priester und Lehrer der HumanitÀt am
Gymnasium von Rovereto Costantino Lorenzi (1754â1821)2 anlĂ€sslich der dortigen
Preisverleihung zu Schuljahresschluss 1792 und 1798, wohl im Rahmen von Fest-
gottesdiensten, in San Marco gehalten und in Rovereto selbst publiziert hat.3 Sie
setzen sich wie die jesuitischen Schulreden frĂŒherer Epochen, in deren Tradition sie
stehen (s. hier S.Â
295â299 und 476â479), unter RĂŒckgriff auf zahlreiche (nicht nur)
antike Exempla mit Themen auseinander, die Unterricht und Bildungswesen betref-
fen : Die erste handelt De elegantia sermonis (âVon der Eleganz des Ausdrucksâ), die
zweite, die, wiederum wie die jesuitischen Schulreden, am Schluss (21â23) auch auf
ihren Anlass Bezug nimmt, De litteratorum hominum amicitia colenda (âDavon, dass
man sich um die Freundschaft [anderer] Gelehrter bemĂŒhen mussâ). Beide Reden
haben fast den gleichen Umfang (22 bzw. 23 Druckseiten gleichen Formats), was
darauf hinweist, dass der Redner eine bestimmte Vortragszeit einzuhalten hatte.
In der ersten Rede spricht der Lehrer der HumanitÀt in eigener Sache, wie etwa
gleich zu Beginn der Ausdruck exornandae orationis studium et curam, cui dediti
2 Vgl. zu ihm Tovazzi, Nr. 935, Gasser 2, 199â200, und Giovanni P. Beltramis Elogium (s.u.).
3 Die Tradition der lat. Schuljahresschlussrede sollte in Rovereto bis in die zweite HĂ€lfte des 19. Jhs.
Bestand haben.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der GrĂŒndung der UniversitĂ€t bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂŒrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322