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Brief 993
Vannetti, De M.
Valerii Martialis
poesi epistola
seine lat. Poesie erbeten hat. Das Urteil des Agiato fällt uneingeschränkt positiv aus.
Allerdings mischt sich in seinen Enthusiasmus ein wenig Trauer über den Nieder-
gang der lat. Dichtung, den seiner Meinung nach auch Pellegrini nicht aufzuhalten
imstande sein wird. Interessant dabei ist, dass er die Gründe für diese Krise – wohl
nicht zu Unrecht – auf Tendenzen zurückführt, die sich ideengeschichtlich un-
schwer in der zu dieser Zeit immer mehr um sich greifenden Romantik verorten
lassen (255–256).
Quod quidem tribus de causis faciendum tibi esse statuo, primum quia venustissima sunt,
deinde quod ea lingua optime scripta, in qua iam minus minusque homines excellere videmus,
postremo quia quum a Latine scribendo ob id ipsum Itali nostri deterreantur, quod et frigidissi-
mum quemque maximeque ieiunum scriptorem ad huius sermonis potissimum speciosam quasi
latebram confugere animadvertant, et vero non alia quam patria lingua solute atque expresse
animi sensus poetico praesertim furore incitatos declarari posse arbitrentur ; exemplum tuum,
hoc est summi oratoris et eiusdem poetae iamque Etruscae elegantiae subtilitate celebratissimi,
haud leve vulnus perversae huic haeresi et veteris nostrae laudis inimicissimae est allaturum, ac
si minus saluti, magno certe Latinis litteris pereuntibus futurum solatio.
Dies [sc. zur Publikation schreiten] musst Du meines Erachtens aus drei Gründen, erstens
weil sie [deine Gedichte] wunderschön sind, zweitens weil sie sehr gut in einer Sprache
verfasst sind, in der – wie wir sehen – die Menschen immer seltener herausragende Leis-
tungen erbringen, drittens weil unsere italienischen Autoren vor dem Dichten auf Lat. v.a.
deshalb zurückschrecken, weil sie sehen, dass gerade die frostigsten und kraftlosesten Auto-
ren am ehesten bei dieser Sprache wie in einem selten schönen Schlupfwinkel Zuflucht su-
chen. Darüber hinaus glauben sie, dass Seelenregungen, und zwar besonders jene, die auf
eine poetische Inspiration zurückgehen, in keiner anderen als der Muttersprache frei und
deutlich zum Ausdruck gebracht werden können. Dein Beispiel, d.h. das eines Mannes,
der zugleich ein bedeutender Redner und Dichter ist und gerade für die Ausdruckskraft
und die Eleganz seines Italienisch großen Ruhm erntet, wird diesem verrückten und un-
serem alten Ruhm höchst feindlichen Irrglauben keine leichte Wunde zufügen und, wenn
nicht für die Rettung der dahinsiechenden lat. Dichtung, zumindest für ihre Tröstung
sorgen.
Mit dem latinistischen Œuvre Vanettis scheint das Genus Brief übrigens in be-
vorzugter Weise verknüpft zu sein. 1776 goss er eine in Ferrara gedruckte Mono-
graphie über Martial in diese Form (De M. Valerii Martialis poesi epistola, „Brief
über die Dichtkunst Martials“), ein Jahr später stellte er eine Auswahl aus der
Korrespondenz Ciceros für den Schulgebrauch zusammen (vgl. hier S. 798), spä-
ter folgten die aus verschiedenen Sendschreiben bestehenden Osservazioni intorno
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322