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Theologie 999
Historia litteraria
theologiae
zwischen
Aufklärung und
Konservatismus
1969, 133). Erster Inhaber der betreffenden Lehrkanzel wurde 1775 der Weltpries-
ter Michael Simon Staffler aus Kastelruth (1730–1805). Da er jedoch wegen sei-
nes angeblich schlechten Vortrags den Anforderungen der Studienhofkommission
nicht entsprach, wurde er bereits nach einem Jahr der Lehre enthoben und erhielt
das bei der Kirche St. Leonhard in MĂĽhlau bestehende Benefizium (Tinkhauser/
Rapp 1855–1891, Bd. 2, 477–478 ; Gasser 3, 300–301 ; Coreth 1947, 51).
Nach seiner Entlassung begann Staffler damit, den Inhalt seiner Vorlesungen
unter dem Titel Historia litteraria theologiae („Literargeschichte der Theologie“) zu-
sammenzufassen. Der erste, 160 Seiten starke Abschnitt, der sich dem Studium
und der Methode der Theologie i.A. widmet, erschien 1779 in Innsbruck. Der
Rest des Gesamtwerks, das die Einleitung ankündigt – Teil 1,2 : natürliche und
übernatürliche Theologie, Teil 2,1–3 : die übrigen Theologien (sic, im Plural), Teil
3 : Irrlehren – kam dagegen nie heraus. Der Titel ist, wie ebenfalls in der Einleitung
konzediert wird, irreführend : Es geht weder im tatsächlich erschienenen Teil noch
im geplanten Ganzen um theologische Literargeschichte im eigentlichen Sinne,
sondern vielmehr um Wesen und Methode des Theologiestudiums. Mit Blick auf
das recht breite Bedeutungsspektrum des Terminus historia litteraria im 18. Jh. (vgl.
Šubarić 2001, 5–7) könnte man die Überschrift allenfalls mit „Propädeutik der
Theologie“ wiedergeben. Propädeutisch wirkt jedenfalls bereits die typographische
Gestaltung : Der Band ist sinnfällig in Kapitel, Artikel und Absätze gegliedert, die
Hauptaussagen sind durch GroĂźdruck hervorgehoben, weniger Wichtiges erscheint
in Petitdruck – ideal für ein Publikum von Anfängern, das sich einen ersten Über-
blick verschaffen möchte.
In Stafflers Denken gehen wie bei vielen Theologen seiner Zeit aufklärerische
und konservative Tendenzen eine nicht immer harmonische Verbindung ein. Was
Ersteres betrifft, so kritisiert er etwa die Scholastik : Studium theologiae vertebatur
potius in ostentationem ingeniorum quam in corroborationem fidei ac utilitatem ec-
clesiae. (S. 33 ; „Das Studium der Theologie diente eher der Demonstration des
eigenen Scharfsinns als der Festigung des Glaubens und dem Nutzen der Kirche.“)1
Damit einher geht (Kap. 1,1,2) ein Lob der Universitätspolitik Maria Theresias und
Josephs II. mit besonderer Würdigung der aktuellen Studienordnung, die folgende
Fächer vorsah : Dogmatik, Moraltheologie, Pastoraltheologie, Exegese, Kirchenge-
schichte, Kirchenrecht, Patristik, Polemik, theologische Literarwissenschaft und
außertheologische Fächer (vgl. Haidacher 1952, 328 ; Brandl 1969, 40–50). Auch
in pädagogischer Hinsicht ist Staffler der Aufklärung verpflichtet, indem er ältere
Methoden, die auf freudlosem Pauken beruhten, zurĂĽckweist, jedoch ein breites
methodisches Spektrum gelten lässt ; am wichtigsten ist ihm, dass die Methode
1 Brandl 1969, 133 verkennt dies, wenn er Staffler einen Vertreter des Scholastik nennt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- AbkĂĽrzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322