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1068 Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848
Episkopalismus
Joseph Anton
von Eyrle
Humillima
expositio Geist übertragen worden (§§
12–16), und belegt dies durch Bibel- und Kirchenväterzitate
(§§ 17–19). Dann widmet er sich der viel diskutierten Frage nach der Rolle des Petrus
im Kreise der Apostel. Vogelsanger glaubt, dass die Nachfolge Christi allen Aposteln ge-
meinsam verliehen wurde, was er allerdings für mit dem Primat des Papstes vereinbar hält
(§§
20–25). In den §§
26–27 wird die Dauer des Reiches Christi diskutiert, die §§
28–30
beinhalten Nachweise für das Ansehen der Bischöfe in Antike und Mittelalter. Es folgt eine
Polemik gegen jene Fürsten, die sich nach dem Passauer Vertrag von 1552 zwischen Kaiser
Ferdinand
I. und den protestantischen Reichsfürsten die ehemaligen Kompetenzen der Bi-
schöfe anmaßten (§
31). Nachdem Vogelsanger sich in den §§
32–34 mit Argumenten für
die Trennung von res spirituales („geistliche Angelegenheiten“) und res temporales („weltli-
che Angelegenheiten“) auseinandergesetzt hat, kehrt er mit §
35 zu seinem Hauptanliegen
zurück, das er bis § 47 verfolgt : der unmittelbaren Übertragung der Macht Christi auf
die Apostel und deren Nachfolger. Nach einer Definition der Bischofsweihe (§ 48) wird
erklärt, weshalb der Papst hierbei möglichst wenig Kompetenzen haben sollte (§ 49), und
die Entwicklung der Bischofswahl von der Antike bis zur Neuzeit dargestellt (§§ 50–54).
Im Folgenden werden bereits behandelte Themen wieder aufgegriffen : Die Bischöfe seien
durch Christus bestellt (§ 55), vom Papst würden sie nur bestätigt (§ 56). Dieser sei ‚nur‘
ein Bischof (§§ 58–59), genieße jedoch, u.a. was die Absolution für bestimmte schwere
Delikte (casus reservati ; s. hier S. 584–586) betreffe, eine gewisse Vorrangstellung (§§ 60–
64). Die §§
65–67 rekapitulieren nochmals die in den vorhergehenden Paragraphen ange-
führten Argumente.
Die Iurisdictio stellt ein juristisches Gegenstück zu Anton Alderik Jägers wenige
Jahre zuvor erschienener, stärker theologisch argumentierender Schrift zu fast dem-
selben Thema (vgl. hier S. 1001–1003) dar. Allerdings ist Vogelsanger nicht so
papalistisch eingestellt wie Jäger, sondern trifft sich in der eingeschränkten Rolle,
die er dem Papst zuweist, vielmehr mit dem damals einflussreichen Febronianis-
mus. Anders als dieser scheint er jedoch die Vorstellung eines Staatskirchentums im
Sinne Josephs II., der die kirchlichen Würdenträger am liebsten zu Religionsbeam-
ten degradiert hätte, abzulehnen. Sein Eintreten für ein starkes, von Rom wie von
der weltlichen Macht weitgehend unabhängiges Bischofstum lässt sich am besten
als episkopalistisch charakterisieren.
Der kirchenrechtlichen Praxis entstammt schließlich eine Schrift des Joseph An-
ton von Eyrle (Bozen 1759–Trient 1820). Eyrle, der in Innsbruck und Rom Theolo-
gie studierte, wurde 1794 zum Domherrn von Trient ernannt. Neben seinem dorti-
gen Kanonikat hatte er später auch eines in Regensburg inne. Zudem unterrichtete
er am bischöflichen Seminar in Trient (Oberkofler 1980, Nr. 502).
Ende 1789 ließ Eyrle (oder ein von ihm beauftragter Rechtsgelehrter) eine an
Joseph II. gerichtete Eingabe drucken : die Humillima expositio in causa implorantis
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 2
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 728
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Von der Gründung der Universität bis zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) Epochenbild (Lav Šubarić) 610
- Dichtung (Martin Korenjak) 620
- Theater (Stefan Tilg) 660
- Beredsamkeit, Dialog, Rhetorik (Florian Schaffenrath) 701
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić/Florian Schaffenrath/Patrik Kennel) 726
- Biographisches Schrifttum (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 778
- Brief (Wolfgang Kofler) 788
- Sprachdidaktik, Poetik, Philologie (Gabriela Kompatscher/Martin Korenjak) 797
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 807
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 833
- Medizin (Lukas Oberrauch) 862
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne/Erika Kustatscher) 875
- Von der Vertreibung der Jesuiten bis zur Revolution 1848 Epochenbild (Florian Schaffenrath) 909
- Dichtung (Florian Schaffenrath) 918
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 941
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath/Erika Kustatscher) 953
- Biographisches Schrifttum (Patrik Kennel/Martin Korenjak) 980
- Brief (Wolfgang Kofler) 989
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 998
- Philosophie und Naturwissenschaft (Stefan Tilg/Martin Korenjak) 1022
- Medizin (Lav Šubarić) 1046
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 1056
- Von der Revolution 1848 bis heute Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 1073
- Dichtung (Stefan Tilg) 1079
- Prosa (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 1109
- Abkürzungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1159
- Bibliothekssiglen (Johanna Luggin) 1161
- Bibliographie (Johanna Luggin) 1162
- Abbildungsverzeichnis (Johanna Luggin) 1265
- Index nominum (Johanna Luggin) 1271
- Index geographicus (Johanna Luggin/Simon Wirthensohn) 1299
- Index rerum (Johanna Luggin) 1310
- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 1322