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Wildalpen#

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Im Jahr 1074 errichtete Erzbischof Gebhard von Salzburg das Stift Admont und schenkte dem Stift Land, darunter ein wildes, unwegsames Gebiet an der Salza. Als der Name "Wildalb" 1139 das erste Mal erwähnt wird, war die Gegend wohl noch unbewohnt; eine Wildnis, gezeichnet von den Gewalten der Natur, dem Toben der Wildbäche in den tiefen Schluchten, umgeben von dichten, unberührten Wäldern.

Die ersten Siedler dürften Jäger und Fischer gewesen sein, die vermutlich vom Gamsgraben über die "Goß" und über den alten Saumweg über die Eisenerzer Höhe in den weiten Talkessel von Hinterwildalpen eingewandert sind. Das Salzatal war zu unwegsam und nicht begehbar.

Im Jahre 1590 gab es bereits 13 und 80 Jahre später schon 34 Wohnhäuser. Es war die Zeit des wirtschaftlichen und kulturellen Aufstiegs von Wildalpen. Der Ort verdankt seine Entwicklung in erster Linie dem im 17 Jh. gegründeten Hammerwerksbetrieb. Es war der Waldreichtum, der dem Gebiet zu großem Aufschwung verhalf, denn Holzkohle konnte nirgends so kostengünstig hergestellt werden wie hier. Ohne diesen Rohstoff konnte zu dieser Zeit kein Eisen verarbeitet werden. So nahmen die Eisenerzer Betriebe auch den beschwerlichen Transport von Eisenerz über die Eisenerzer Höhe nach Wildalpen und die Rückfracht der Holzkohle in Kauf. In Wildalpen selbst durfte der Besitzer der Erzgruben am Tulleck im Jahr 1625 Hammerwerke und Schmelzöfen errichten. Damit begann Wildalpens Blütezeit. Die Einwohnerzahl stieg sprunghaft an und erreichte mit über 1100 Seelen ihren Höchststand. Im Vergleich dazu, heute wohnen knapp 600 Menschen in Wildalpen, dennoch ist es die zweitgrößte Gemeinde der Steiermark, allerdings nur was die Fläche betrifft (203 km2).

Als Anfang des 19. Jh. die Eisen verarbeitenden Betriebe nach und nach zur Steinkohlenfeuerung übergingen, war für die Holzkohle kein Bedarf mehr. 1837 wurde auch der Hammerwerksbetrieb in Wildalpen aufgelöst. Das Leben an der Salza wurde nun etwas ruhiger, die Bevölkerungszahl verringerte sich wieder. Einzig die Jagden brachten noch etwas Betriebsamkeit in das stille Tal. Das sollte sich erst wieder ändern, als gegen Ende des 19. Jh. die Stadt Wien das Gebiet um Wildalpen als "Quellengebiet der II. Wiener Hochquellenleitung" auserwählte.

Wildalpen um 1720
Wildalpen um 1720
Im ehemaligen 'Tulleckschen Gewerkenhaus', einem Hammerherrenhaus aus dem 17. Jh., befindet sich heute das Wasserleitungsmuseum.
Im ehemaligen "Tulleckschen Gewerkenhaus", einem Hammerherrenhaus aus dem 17. Jh., befindet sich heute das Wasserleitungsmuseum.

Das Wasserleitungsmuseum#

Das Museumsgebäude, am Ortseingang von Wildalpen gelegen, war einst ein Hammerherrenhaus aus dem 17. Jh. Der Ausstellungsschwerpunkt ist der Geschichte der Wiener Wasserversorgung und speziell dem Bau der II. Wiener Hochquellenwasserleitung gewidmet. Auf mehrere Räume verteilt, findet der Besucher vom ersten Spatenstich bis zur aktuellen Ausbaustufe, nach Themen geordnet, umfassendes Informationsmaterial.

Holzknechtleben - "I bin holt a lustiger Holzknechtbua!"#

Das Leben der Holzknechte, wie es früher einmal war, ist in der sehr interessanten Geschichte von Wildalpen von A. Grabner nachzulesen. An dieser Stelle sei eine Zusammenfassung erlaubt, die einen Eindruck geben soll, wie Waldarbeiter der Innerberger Hauptgewerkschaft um 1850 lebten. 

In früherer Zeit, als man den Holzbedarf der Hammerwerke noch aus den näher gelegenen Wäldern beziehen konnte, ließ man an verschiedenen Punkten unternehmungslustige Leute ein Stück Wald roden und sich darauf ansiedeln. Einmal an einem Punkt sesshaft, musste der Ansiedler für die Hauptgewerkschaft fortarbeiten, weil er keinen anderen Erwerb hatte. Die haubaren Holzbestände entfernten sich immer mehr, der Gang zum Arbeitsplatz wurde immer weiter und schließlich gar nicht mehr erreichbar. So bildeten sich schließlich zwei Kategorien von Holzarbeitern heraus: solche, die fast das ganze Jahr im Holzschlag wohnten, meist junge, ledige Burschen, und das so genannte stabile Personal, das mit Familie in Dienstwohnungen lebte und zu Erhaltungsarbeiten vor Ort herangezogen wurde.

Eine Holzknechtspartie lebte so lange im Holzschlag, als die Holzarbeit dauerte, gewöhnlich 10 bis 11 Monate im Jahr. Ihre Holzknechtshütten wurden, wenn die Partie weiterzieht, abgerissen und zu Kohlholz aufgearbeitet. Der Lohn bestand aus Weizen, Korn und Schmalz, nur teilweise in barem Geld. Alle vier Wochen fass-te ein Arbeiter seine Lebensmittel an einem bestimmten Platz aus. Dort ließ er sich gleich aus einem Teil Brot backen, was sich jeden Sonntag wiederholte, bis er eine neue Ration zugeteilt bekam. Während der Woche bereitete sich jeder Holzknecht in seiner eigenen Pfanne sein Essen zu. Fett und kalorienreich, mit viel Schmalz versehen, war die Holzknechtskost, denn die Arbeit im Holzschlag kostete viel Kraft. Wenn ein innerbergischer Holzknecht heiraten wollte, konnte er in die zweite Kategorie aufsteigen und "sesshaft" werden. In den Arbeiterwohnungen, Kasernen genannt, wohnten mehrere Familien unter einem Dach. Im Erdgeschoß bewohnten alle Familien eine große, offene Stube. Jede Familie hatte einen Tisch zur Verfügung und einen persönlichen Raum, der anfänglich mit Kreide gezeichnet wurde, so lange, bis sich alle daran gewöhnt hatten und den "Freiraum" des anderen nicht mehr betraten. Keine einzige Wand trennte die Bereiche voneinander, wohlgemerkt! Auch in der Küche hatte jeder nur einen Herdplatz, keinen eigenen Herd. Ebenso geteilt wurden der Garten, der Stall, der Keller und die Weide. Im 1. Stockwerk hatte jede Familie eine eigene Kammer zum Schlafen, im 2. Stock eine Wäschekammer, im Dachgeschoß schliefen die größeren Kinder.

Die Buben traten in der Regel schon mit 15 Jahren in den Dienst - als Holzknecht wie der Vater. Dann konnte er aus der Innerberg'schen "Kaserne" ausziehen und in den Holzschlagziehen. Uns mag ein solches Leben erschrecken, aber bot es doch neben Beständigkeit auch Sicherheit und ein Mindestmaß an Versorgung für Kranke, Witwen und verunglückte Arbeiter. Zudem war das enge Zusammenleben für viele nichts Ungewohntes, auf dem Bauernhof lebten Großfamilien und Gesinde auch eng beisammen - und Freiheit gab es sowieso nur auf der Alm!

Prescenyklause einst
Prescenyklause einst
Prescenyklause heute
Prescenyklause heute

Die Flößerei auf der Salza#

Seit alters wurde die Holztrift auf der Salza ausgeübt. Das getriftete Holz  wurde von Rechen aufgefangen, wo das Holz sortiert werden musste. Im vorigen Jahrhundert löste auf der Salza die Flößerei, also der gebundene Holztransport, die Trift ab, wo die Hölzer lose auf dem Wasser transportiert wurden. Die Flößerei war eine harte, gefährliche Arbeit, die Fachwissen und Geschicklichkeit erforderte. Merkwürdigerweise waren die meisten Flößer Nichtschwimmer, angeblich, damit sie das Floß in Gefahrensituationen nicht verlassen konnten und alles daransetzen mussten, es sicher ans Ziel zu bringen. In früheren Jahren musste die Fährmannschaft, die aus drei bis vier Mann bestand, am frühen Morgen ihr Floß selbst bauen, was bis zum halben Vormittag dauerte. Für ein Floß wurden im Durchschnitt 30 Festmeter Rundholz gebraucht. Für die Flößerei auf der Salza war das Schwellwasser von besonderer Bedeutung. Ohne die "Klaus", wie diese künstliche Flut bezeichnet wurde, kamen die Flöße, insbesondere bei Niedrigwasser, nicht vorwärts. Die nach ihrem Erbauer benannte Prescenyklause bei Weichselboden war daher von großer Bedeutung. Von Palfau aus wurde dann die Enns erreicht und von dort ging es ohne Pause bis zur Auslände, Weißenbach an der Enns. Die reine Fahrzeit betrug 5 Stunden. Jährlich wurden 30.000 Festmeter auf der Salza abgeflößt. Mit den Salzaflößen konnte das Holz bis an die Donau gebracht werden, wo bis zu zwanzig dieser Salzaflöße zu einem Donaufloß vereinigt und bis Ungarn geführt wurden.

Manchmal ging die Arbeit bis in den Dezember hinein, wobei die Flößer meistens ohne Gummistiefel bis zum Bauch im Wasser stehen mussten. Die letzten Flößer auf der Salza waren bis ins 20. Jh. hinein tätig, heute sind sie längst von anderen Wagemutigen abgelöst worden, den Freunden des Wildwassersports, die zwar auf anderen Routen unterwegs sind, die schnelle Strömung der Salza aber trägt auch sie, genauso wie einst die Floße.

Rupert Grießl - der Schnitzer von Wildalpen#

Rupert Grießl, 1854 als Sohn eines Holzknechts in Wildalpen geboren, wurde über die Grenzen der Steiermark hinaus durch sein "Schachspiel des Grafen Wilczek" bekannt. Das Schnitzwerk, das heute im Besitz des Volkskundemuseums in Wien ist, wurde Graf Hans Wilczek zur goldenen Hochzeit von den Leuten aus Hinterwildalpen geschenkt, wo der Graf lange Jagdpächter gewesen war.

Grießl drückte in seinem Werk die Verbundenheit der gräflichen Familie mit der ländlichen Bevölkerung in einmaliger Weise aus, indem er in der einen Partei die gräflichen, in der anderen die ländlichen Leute darstellte: der "König" der gräflichen Figuren ist Graf Wilczek nachgebildet, die "Königin" seiner Gattin. In der Gegenpartei porträtierte er den Wirt und die Wirtin von Wildalpen als König und Königin, die nach Berichten von Augenzeugen den damaligen Wirtsleuten vollkommen glichen. Von den übrigen Figuren gelten vor allem die Tanzmusiker mit Klarinette, Geige, Bassgeige und Trompete als besonders gelungen. Grießl gab den Figürchen nicht nur die damals übliche Tracht, sondern auch die persönlichen Züge und Eigenarten.

Neben seinem Hauptwerk, dem Schachspiel, schnitzte der Künstler Weihnachtskrippen, gelegentlich auch Spielzeug und verschiedene Figurengruppen, z.B. eine Gamstreibjagd. Leider sind nur mehr ganz wenige Stücke von seinen Arbeiten erhalten.

In der Pfarrkirche von Weichselboden hat er gemeinsam mit seinem Sohn, einem Kunsttischler, das Heilige Grab gestaltet. Der beliebte Schnitzer von Wildalpen starb am 23. Dezember 1924, während des Zwölfuhrläutens, an einem Schlaganfall.

Wasser aus Wildalpen
Wasser aus Wildalpen

Wasser aus Wildalpen#

Der Bürgermeister wurde laut: "Suess, Sie sind ein Narr!" Man schrieb den Anfang der sechziger Jahre des 19. Jh. und der Geologe Suess hatte dem Wiener Bürgermeister gerade Pläne für ein 90 Kilometer langes Wasserleitungsnetz vor gelegt. Was zunächst wahnwitzig und absurd schien, wurde knapp 10 Jahre später, 1873, Wirklichkeit: die I. Wiener Hochquellenwasserleitung vom Rax/Schneeberggebiet nach Wien. Das Zeitalter der Bassena war eröffnet! Ab diesem Zeitpunkt trat keine Choleraepidemie mehr in Wien auf und die Typhusfälle gingen stark zurück. Doch die sog. "Gründerzeit" führte zu immer größerer Bautätigkeit, immer mehr Häuser waren nun mit Badezimmern und Spülklosetts versehen. Die Wassernot wurde trotz Vergrößerung der Speicher immer größer. Die Stadt Wien begann sich intensiv nach geeigneten Quellengebieten für eine neue Leitung umzusehen und die Wahl fiel schließlich auf die Salza, da sie gänzlich unberührt war und keine Industriebetriebe hier waren, die selbst Wasser benötigten. Am 18. August 1900, dem 70. Geburtstag des Kaisers, wurde der Grundstein gelegt und am 2. Dezember 1910 wurde erstmalig die gesamte Stadt Wien mit dem Quellenwasser der II. Kaiser-Franz-Josef-Hochquellenleitung versorgt. Das eigentliche Quellengebiet liegt am Nordfuß der Hochschwabgruppe am linken Salzaufer. Sechs Quellen speisen die Leitungen, wobei die Hauptleitung von Weichselboden bis Mauer bei Wien 170 Kilometer lang ist. Wildalpen wurde zum Sitz der örtlichen Betriebsleitung der Wiener Wasserwerke und Forstverwaltung der Stadt Wien. In der Gemeinde sind dadurch viele Arbeitsplätze gesichert. Wenn Wildalpen manchmal scherzhaft als der 24. Wiener Gemeindebezirk bezeichnet wird, so hat dies durchaus seine Berechtigung: ein ansehnlicher Teil der Bevölkerung ist bei den Wasserwerken und der Forstverwaltung der Stadt Wien angestellt.

Von der Quelle in die Flasche#

Möglicherweise entsteht in Sachen "Wasser" gerade ein neuer großer Arbeitgeber in Wildalpen. Die "Wildalpen Wasserverwertungs GmbH" nahm im Juli 2002 den Betrieb auf und bietet in Flaschen abgefülltes qualitativ hochwertiges Quellwasser an. Die Seisensteinquelle, am Ortsrand von Wildalpen gelegen, liefert ausreichend Wasser von natürlicher Reinheit. Laut Qualitätszertifikat wird es allen Kriterien von reinem Quellwasser gerecht und enthält alle wichtigen Inhaltsstoffe, damit es auch als Wasser mit positiven Auswirkungen auf die Gesundheit bezeichnet werden kann.

Die Quelle liefert pro Jahr ca. 1,2 Millionen Liter Wasser. Damit es nicht zu einem Ausverkauf des Wassers kommt, hat der Betreiber sich selbst Grenzen auferlegt. Maximal sollen 650.000 Liter pro Jahr entnommen werden. Eine moderne und leistungsstarke Anlage füllt nun das Quellwasser in drei verschiedenen Flaschengrößen ab. Neben dem österreichischen Markt bieten sich im gesamten EU-Raum gute Absatzchancen an. Ziel des Unternehmens ist es natürlich, auch außerhalb Europas Märkte aufzubauen. Interesse wird aus Japan, den USA, Dubai und den Oststaaten signalisiert.


© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl