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?4 Zweite Periode 1246 — 1283.
Kaiser Rudolph (1276) mit dem Reichshccre in Oesterreich cm, und
besetzte iü 80 Tage» alles Land bis Wien. Eben so leicht nahm der Graf
Mainhard von Görz und Tirol im Namen des Kaisers die Länder
Kärnthen, Kram und Stcyermark in Besitz, und vereinigte sich bei
Wien mit dem übrigen Rcichshecre. Inzwischen hatte auch König O t-
tokar seine Macht nach Oesterreich geführt, und stand am linken User
der Donau, ohne eine Unternehmung zu wagen. Der schnelle Umschwung
der Dinge hatte sein heftiges Gemüth auf einmahl so abgespannt, daß
er zum Frieden die Hand both.
Sein Machtbothe, Bischof B r u n o von Olmütz,' erhielt von der Mäßigung
des Kaisers, daß beiderseits eine gleiche Zahl Schiedsrichter bestellt wer^
den sollte, den Streit auf einmahl zu hebe». Rudo lph ernannte den Bischof
Be r tho ld von Würzburg und den Pfalzgrafcn L u d w i g ; für O t toka r
aber traten Markgraf Ot to von Brandenburg und derj Olmützer Bi -
schof ein.
Die von beiden Seiten erwählten Schiedsrichter erkannten für
Recht: daß Ottokar gehalten seyn soll, Oesterreich, Steycr-
mark, Kärnthen, Kram, die Windische Mark, Portenau und Eger dem
Reiche, und seine in diesen Ländern gelegenen Allodial- und Lehcngüter
dem Kaiser abzutreten, und sich über die auf der Krone Böhmens und
dem Markgrafthumc Mähren haftenden, vom Reiche herstammcndcn
Würden und Rechte nach Vasallenpflicht belehnen zu lassen. Ottokar,
so sehr auch sein Stolz darunter leiden mußte, nahm am 25. Novem-
ber 1276 im kaiserlichen Feldlager vor Wien, im Angesichte der Fürsten,
die Vclehnung, unterzeichnete am folgenden Tage den Ausspruch der
Schiedsrichter in seinem ganzen Umfange, und verpflichtete sich feierlich,
die vielen Geißeln, Bürgen und Gefangenen frei zu geben, und seinen
Unterthanen eine allgemeine Amnestie zu bewilligen. Zur Vollendung der
begonnenen Versöhnung wurde eine Wechselheirath bedungen. Der Böh-
mische Kronprinz, Wenzel, sollte eine Tochter Rudolph's, und
der Habsburgische Prinz, Hartmann, Ottokar's Tochter, Kuni-
gunde, zur Ehe nehmen.
Wennauch Ottokar die Seelcngröße besessen hätte» den Verlust
su schöner Länder zu verschmerzen, so feuerte ihn doch seine Gemahlin,
Kunigundc von Massovien, unaufhörlich zum Friedensbruche an.
Sie empfing ihn bei seiner Heimkehr mit den bittersten Vorwürfen, »Ohne ver-
lorne Schlacht, fast ohne Schwertstreich, habe er die schönsten Länder durch
einen zaghaften Vergleich hingegeben, in denen er, als Eroberer, eine grö-
ßere Gewalt geübt, als in dem väterlichen Reiche, Er, der vor Kurzem der
Würdigste zur Kaiserkrone sich gedünkt, habe dennoch die Knie gebeugt, und
sey Knecht geworden. Er hnbe so vicie tampfgellbtc Männer wohl nur unter
seine Fahnen gesammelt, um die Zeugen seiner Erniedrigung zu häufen. Er
möge zu Hause bei ihren Frauen weilen, sie wolle das Heer zum Kampfe
führen. Wohl werde sie dc>6 Weib, aber nie die Königin vergessen.«
Ot to ta r , durch solchen Hohn aufsAeusierste gebracht, getäuscht »om Riesen-
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494