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Anhang M dritten Periode.
Feindschaft, welche diese vier Parteien gegen einander hegten, wurde
häufig durch verheerende Raubzüge unterbrochen und abgeleitet, welche
die Hussiten über ihre Gränzen hinaus unternahmen. Sie hielten sich
dazu für befugt, weil sie Böhmen für das gelobte Land, sich für das
auserwählte Volk Gottes erklärten, und ihre Nachbarn für die Moabiter
und Philister, welche ausgerottet werden müßten. Ihre mordbrenneri-
schen Züge erstreckten sich nach allen Seiten hin, nach Oesterreich, Un-
garn, Sachsen, Meißen, Schlesien und Franken, )a bis nach Pom-
mern drangen die Hussiten verheerend durch die Marke» vor, verwü-
steten Pomercllen, und bestürmten Danzig. Aber sie vergaffen auch dann
ihre Zwistigkeiteu, wenn mächtige Heere von Außen in ihr Land einfallen
wollten, und der Schrecken, den ihre Waffen allenthalben verbreitet
hatten, machte es ihnen leicht, jeden Angriff zu vereiteln. Kaiser Si-
gismund, den die Kosten dieses Krieges nöthigten, den Vrandeubur-
gischen Churstaat an den Burggrafen Friedrich von Nürnberg, aus
dem Hause Zol lern, zu verkaufe», versuchte es noch zwei Mahl, mit
zahlreichen, durcl, Neichsanfgcbot und Kreuzprcdigten zusammen ge-
brachten Heeren in Böhmen einzudringen; aber in solchen» Grade war
die Furcht in die Gemüther gedrungen, daß, wenn die Hussiten sich nur
zeigten, Alles schon, ohne den Kampf zu wagen, die unordentlichste
Flucht nahm. Dieß geschah bei Mies 1427, uud bei Tachau 1431.
Kaiser Sigismuud hatte wiedcrhohlt Fn'cdcnsuutcrhandlilngen
angeknüpft, und die Hussitcn wegen ihrer Glaubensartikel an den Aus-
spruch des Conciliums verwiesen, welches Papst Eugen IV. (1421)
zu Basel eröffnet hatte. Das Concilinm lud die Böhmen zur Versamm-
lung ein. Die Böhmischen Deputirtcn, deren Sprecher der Hussitische
Bischof Johann Rokyczana war, trugen als Glaubcnsbekenntniß
die sogenannten vier Prager Artikel vor, und erklärten, daß sie übri-
gens mit der Kirche einerlei Meinung wären. Nach glücklicher Been-
digung einer mühevollen Verhandlung wurden den Hussiten die vier
Prager Artikel (Compactatcn genannt) mit gewissen Einschränkungen
von dem Concilium und dem Papste bewilligt, und die Böhmen wie-
der in die katholische Kirche aufgenominen. Diejenigen, welche unter
beiden Gestalten communicirtcn, wurden nicht mehr Hussiten, son-
dern Utraq nisten oder Calirtiner genannt. Nur die beiden
Procopier mit dem fanatischeren Theile der Waisen und derTa-
boriten widersetzten sich jeder Aussöhnung mit der Kirche, und leg-
ten die Waffen nicht nieder; aber das ständische Heer unter M ein-
hard von Neu haus griff die wüthende» Haufen bei Vöhmisch-Brod
an, und erfocht einen Sieg, der um so entscheidender war, weil Pro,
cop der Große und der Kleine nebst vielen anderen Führern und
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494