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3R2 Vierte Periode t522-l?4a.
den Beherztesten allen Muth niederschlage. — Tö köly war über 60,000
Mann stark, und wurde von Frankreich, welches auch alles ange-
wendet hatte, die Pohlnische Allianz Mhintertreiben, mit Offizieren
und nut Subsidien für 45,000 Mann versehen.
Er nannte sich auf Münzen und in Urkunden Fürst von Ungarn, und wurde
auch, nachdem er die Hoheit der Pforte anerkannt, und sich förmlich >un-
terworfen hatte, als Türkischer Lehensfürst mit den Türkischen Insignien,
einem Streitkolben, einer Mütze und einem Säbel, bekleidet. Unter der
Straft des Spießens und des Rades beschied er alles nach Kaschau, auf den
von ihm angetragenen Landtag, und wies mitUebermuth die kaiserliche Frie-
densbothschaft zurück.
Das Volk in Constantinopel zitterte, als über unglückliche Vorzeichen, da bei
dem ersten Auszüge und bei der großen Musterung zwei fürchterliche Stürme
das Lager verheerten, deren einer das Zelt des Großwesirs umstürzte, der
andere dem Sultan selber den Turban vom Haupte riß. Seine böse Ah-
nung kannte vollends keine Gränzen, als sich die Sage verbreitete, es gelte
Wien selbst, welches nochmals zu belagern der große So lim an mit schreck-
lichen Flüchen untersagt hatte, als er (l529), nach aufgehobener Belage-
rung nach Ofen zurückkehrend, sein herrliches, bisher stets siegbekrönteiHeer
bei der Musterung um mehr als ^U,UlX) Mann vermindert sah,
Anfangs Mai 4682 musterte Kaiser Leopold bei Kittsee das Heer,
welches der feindlichen Uebermacht entgegen gesetzt werden sollte. Es
zählte kaum 23,000 Streiter. Mit dieser geringen Macht sollte Herzog
Car l von Lothringen Raab, kcopoldstadt und Komorn hinläng-
lich besetzen, die lange Gränze von Pettau bis nach Schlesien beschü-
tzen, und die Hauptstadt decken, von deren Erhaltung die Rettung
Deutschlands abhing. Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg
befehligte die aus neunzig Stücken bestehende Artillerie.
Tölöly wünschte auf das eifrigste, zuvörderst möchten die festen Plätze in
Ungarn genommen werden, bevor man den kühnen Plan verfolge, sich
, durch Wiens Eroberung den Weg <n das Herz von Deutschland zu bahner.
Auch mehrere Befehlshaber im Türkischen Heere waren mit ihren zahlreich«
Freunden dieser Meinung. Um das unverrückte Ziel seines Ehrgeitzes desto
besser zu verbergen, gab sich Kara Mustapha das Ansehen, den Rah
T3köly's zu billigen, und befahl vor der Hand nur, da« Heer soll gege,
Raab aufbrechen.
Der Herzog von Lothr ingen, ein kennlnißreicher und vielerfahrner Feld-
herr, war gleichfalls mehr darauf bereitet, was der Feind hätte thu,
sollen, als auf das, was die Verwegenheit eines Ehrgeitzigen ohne nüch-
terne Berechnung der Kräfte wirklich wagte. Er sorgte eifrig für die Un-
garischen Waffenplä'tze,
Kara Mustapha aber dachte nichts als Wien. Bei dem unerwar-
tet raschen Vordringen der Tüllen geschah es, daß der Herzog vo»
Lothringen nicht einmahl mehr Zeit behielt, sich nach der Haupt»
stadt zurückzuziehen. Die ganze Infanterie mußte bei Preßburg von
rechten auf das linke Donau-Ufer setzen, und nur mit der Reitern
konnte Car l von Lothringen der Straße folgen, welche über Al-
tenburg und Ki'ttsee nach Wien führt.
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494