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Vierte Periode t522—l?4o.
der versammelten Scharen zum Ritter, zum Andenken des größten Ta-
ges, den er jemals erleben könne.
Nun gaben fünf Kanonenschüsse das Zeichen zur Schlacht. Auf
dem rechten Flügel führte Sobieskl seine Unterthanen, in der Mitte
die Churfürsten von Sachsen und Baiern ihre Truppen mit den übrigen
Reichsvölkern, und auf dem linken Flügel, der die Donau entlang mar-
schirte, der Herzog von Lothringen selbst die Oesterreichischen Regimen-
ter die Höhen hinab auf den Feind.
Der Gloßwesir warf seine Scharen, ohne die Beschießung der Stadt aufhören
zu lassen, den Verbündeten entgegen. Das Schicksal Wiens, der Oesterrei-
chischen Monarchie und Deutschlands, ja vielleicht Europa's stand auf dem
Spiele. Die Pohlen kamen bei Neustift und Dornbach zum Angriff; sie
wurden jedoch Anfangs zurückgeworfen, und umsonst schrie So bi eski
sein gebietherisches Halt! In Nußdorf und Heiligenstadt vertheidigten sich
die Türken auf das hartnäckigste mit großer Macht gegen die andringen-
den Oesterreicher. Häuser, Gärten, Keller, Wasserleitungen, Mauer-
trümmer mußten einzeln mit vielem Blutvergießen genommen werden.
Endlich gewann man beide Orte und die nahen Hohlwege mit Sturm.
Hierauf sendete der Herzog von Lothringen, den Stand der Schiacht
wohl im Auge behaltend, dem Könige von Pohlen zahlreiche Verstärkung
aus der Mitte, so wie von seinen eigenen Truppen. So brach dieser nun mit
stürmender Gewalt aus dem Walde von Dornbach, während das Centrum zu
gleicher Zeit die Sandschluchten bei Döbling überwältigte.
Um vier Uhr Nachmittags waren die Türken bis an ihre Zelte zurück
getrieben, die einbrechende Dunkelheit vermehrte ihren Schrecken, und
schon um sieben Uhr befand sich das ganze Heer in wilder Flucht.
Ueber 40,000 erschlagene Osmanen bedeckten das Schlachtfeld, und
da der Großwesir Lager und Vorräthe im Stiche lassen mußte, so war
die Beute unermeßlich.
200 Geschütze, l5,000 Zelte, 90UU Wagen mit Kriegsvorräthen wurden dem
Feinde genommen. In der Kriegscasse fand man über zwei Millionen an
Gelde. Das Zelt des Großwesirs wurde allein zu viermalhunderttaustnd
Thalern angeschlagen, und die ganze Beute auf zehn Millionen geschätzt.
Sie wurde auf der Stelle unter die Sieger vertheilt. Der bloße Antheil des
Königs von Pohlen belief sich auf vier Millionen Gulden. Unter den Ge-
genständen , welche den Siegern in die Hände fielen, befand sich auch die
Mohamedanische Hauptfahne, die noch heut zu Tage im Zeughause zu Wien
aufbewahrt wird, so wie eine ungeheuer lange und schwere Kette, welche die
Türken über die Donau gezogen hatten, um die Zufuhr zu sperren.
Am folgenden Tage empfing der König den heldenmüthigen Ver-
theidiger Wiens im eroberten Lager.
Er umarmte ihn herzlich, besah an seiner Hand die ungeheuern Werke der
Feinde, und fand des Erstaunens kein Ende, als er sah, welche des alten
Gagunt und Numantia würdige Gegcnanstalten innerhalb der zertrümmerten
Wälle und Basteien getroffen waren.
Hierauf hielten die Sieger ihren Einzug in die befreite Stadt.
Die erbeuteten Fahnen und Roßschweife wurden vor ihnen hcrgetragen.
Der herrliche Zug verfügte sich zu den Augustinern, wo der König,
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494