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Vierte Periode 1522— l?40. 339
reiten pflegte, noch mehr gedrückt wurde, die Soldaten noch lange zu
dem Scherze: dieses Männlein werde auch nicht vielen Türken den Bart
ausraufen.
Aber Eugen wußte sich bald mehr Ansehen zu verschaffen. In den folgen-
den Feldzügen gegen die Türken, die er mitmachte, ging er dem kriegs-
erfahrnen Prinzen Ludwig von Baden, und dem noch berühmter«
Herzog C<zrl V. von Lothr ingen nicht von der Seite, beobachtete
alle ihre Plane, und richtete ihre schwierigsten Aufträge aus, so daß der
letztere ihn bei seiner Rückkehr nach Wien dem Kaiser mit der Versiche-
rung vorstellte, in diesem jungen Helden- blühe der erste Feldherr seines
Jahrhunderts auf.
Leopold, dieser Empfehlung eingedenk, bediente sich des Prinzen 1688 in
Italien gegen die Franzosen unter Cat inat , ernannte ihn 1691 zum Com-
mandanten von Turin, und 1693 zum Feldmarschall. Nach Eugen's glor-
reichem Siege bei Zentha gab sich Ludwig XIV. alle ersinnliche Mühe,
einen so begabten Feldherrn wieder zu gewinnen. Er ließ ihm üie Statthal-
terschaft der Champagne, die Würde eines Marschalls von Frankreich und
einen jährlichen Gehalt von 2000 Louisd'or anbiethen, wenn er nach Frankreich
zurückkehren wollte. Aber Eugen betrachtete das Land, das ihn liebreich
aufgenommen, als sein Vaterland, und antwortete mit Würde dem Abge-
sandten : «Sagen Sie Ihrem Herrn, daß ich kaiserlicher Feldmarschall bi»,
welches eben so viel werth ist, als dcr Französische Marschallsstab. Geld
brauche ich nicht. So lange ich meinem Kaiser pflichtmäßig diene, werde ich
dessen genug haben.« In der That ist die Dankbarkeit höchst musterhaft, mit
derEugen dem Hause Oesterreich fortwährend ergeben blieb. Alle drei Kaiser,
denen er diente, ehrten ihn durch ein unbedingtes Vertrauen, und in seinen späte-
ren Jahren hörte man ihn oft sagen: «Leopold war mein Vater, Joseph
mein Bruder, und Carl ist mein Herr« Er erkannte sich selbst so rich-
tig, und war so vollendet in sich, daß man nie eine Bemühung bei ihm
wahrnahm, sich über Andere erheben zu wollen '-, eine Gemüthsbeschaffen-
heit, die ihn mit dem Gpaminondas in eine Reihe stellt. Seine ämt-
lichen Berichte stellen selbst die glücklichsten Anordnungen, die seine Klugheit
entworfen und seine Thätigkeit ausgeführt hatte, als nothwendige und na-
türliche Maßregeln vor^ die sich von selbst verständen, und alle Zufälle, des
Feindes Fehler, und was sonst ohne seine Berechnung zum glücklichen Aus-
gan^e einer Schlacht beigetragen, sind aufrichtig mitgenannt. Seine Auf-
merksamkeit erstreckte sich auf die unbedeutendsten Dinge, und seine Officiere
bewunderten eben so sehr seinen Faltenblick, als sein ungeheures Gedächtniß.
Mitten in der Verwirrung der Schlacht blieb er besonnen und ruhig, und
Furcht war ihm ganz fremd. Thätigkeit war sein Element. In den Jahren
der Kraft brauchte er nur drei Stunden zum Schlaf. Seine Erhohlung wa-
ren die Studien der Mathematik und der Geschichte, auch wohl der Philo-
sophie, Noch in seinem Alter wußte er aus den alten Geschichtschreibern ganze
Seiten auswendig. Alle Anordnungen zu Angriffen und Belagerungen ent-
warf er mit eigener Hand, Zum Vergnügen und zur Uebung sann er auf
mögliche Fälle, und überlegte, was in jedem derselben zu thun seyn würde.
Der Soldat ehrte seinen Eifer und seinen Ernst, bewunderte seine Klugheit
und Geistesgegenwart, und liebte ihn wegen seiner väterlichen Sorgfalt. Er
war so bedacht auf Schonung seiner Leute, daß er auch nicht einen einzi-
gen ohne Noth verloren gab. Für die Kranken und Verwundeten trug er
die eifrigste Sorge. Ueberhaupt lag ihm die Verpflegung des Heeres
und die genaue Bezahlung des Soldes über Alles am Herzen , und er
schoß bereitwillig von dem Geinigen vor, wenn die Umstände einen augen-
blicklichen Mangel herbei führten. Dafür verlangte er aber auch Pünctlich-
keit im Dienste und strengen Gehorsam. Ausreißer schoß er oft mit eigener
Hand im Fliehen nieder.
Das Acußere dieses großen Mannes fiel nicht sehr ins Auge. Doch gewann sein
kleiner, leichter und sehr gewandter Körper durch die Beschwerden des Krie-
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Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Title
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Author
- Leopold Haßler
- Publisher
- Ignaz Klang
- Location
- Wien
- Date
- 1842
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 12.31 x 20.0 cm
- Pages
- 532
- Keywords
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494