Page - 5 - in Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
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Vorwort
Je schwerer sich ein Erdensohn befreit,
Je mächt’ger rührt er unsre Menschlichkeit.
Conrad Ferdinand Meyer
In dem vorliegenden Werke sind wie in der vorangegangenen Trilogie
» Drei Meister« abermals drei Dichterbildnisse im Sinn einer inneren
Gemeinschaft vereinigt; aber diese innere Einheit soll nicht mehr sein als eine
Begegnung im Gleichnis. Ich suche keine Formeln des Geistigen, sondern ich
gestalte Formen des Geistes. Und wenn ich in meinen Büchern immer
mehrere solcher Bilder bewußt zusammenrücke, so geschieht dies einzig in
der Art eines Malers, der seinen Werken gerne den richtigen Raum sucht, wo
Licht und Gegenlicht wirkend gegeneinanderströmen und durch Pendants die
erst verborgene, nun aber offenbare Analogie des Typus in Erscheinung tritt.
Vergleich scheint mir immer ein förderndes, ja ein gestaltendes Element, und
ich liebe ihn als Methode, weil er ohne Gewaltsamkeit angewendet werden
kann. Er bereichert in gleichem Maße, als die Formel verarmt, er erhöht alle
Werte, indem er Erhellungen durch unerwartete Reflexe schafft und eine Tiefe
des Raums wie einen Rahmen um das abgelöste Bildnis stellt. Dieses
plastische Geheimnis kannte schon der früheste Porträtist des Wortes,
Plutarch, und in seinen »Vergleichenden Lebensdarstellungen« bildet er
immer gleichzeitig einen griechischen und römischen Charakter in analoger
Darstellung, damit hinter der Persönlichkeit ihr geistiger Schlagschatten, der
Typus, besser deutlich werde. Ein Ähnliches wie der erlauchte Ahnherr im
Biographisch-Historischen versuche ich im geistig nachbarlichen Element, im
Literarisch-Charakterologischen zu erreichen, und diese zwei Bände sollen
nur die ersten einer werdenden Reihe sein, die ich » Die Baumeister der Welt,
eine Typologie des Geistes« nennen will. Nichts liegt mir aber ferner, als
damit ein starres System in die Welt des Genius einkonstruieren zu wollen.
Psychologe aus Leidenschaft, Gestalter aus gestaltendem Willen, treibe ich
meine Bildnerkunst nur, wohin sie mich treibt, nur den Gestalten entgegen,
denen ich mich zutiefst verbunden fühle. So ist schon von innen her jeder
Komplettierung eine Grenze gesetzt, und ich bedaure diese Einschränkung
durchaus nicht, denn das notwendige Fragmentarische erschreckt nur den, der
an Systeme im Schöpferischen glaubt und hochmütig vermeint, die Welt des
Geistes, die unendliche, rund auszirkeln zu können: mich aber lockt an
diesem weiten Plan gerade die Zwiefalt, daß er an Unendliches rührt und sich
doch keine Grenzen stellt. Und so baue ich, langsam und leidenschaftlich
zugleich, mit meinen selbst noch neugierigen Händen den durch Zufall
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Der Kampf mit dem Dämon
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
- Title
- Der Kampf mit dem Dämon
- Subtitle
- Hölderlin · Kleist · Nietzsche
- Author
- Stefan Zweig
- Date
- 1925
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 202
- Keywords
- Literatur, Schriftsteller
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- Vorwort 5
- Teil 1 - Hölderlin 15
- Die heilige Schar 17
- Kindheit 21
- Bildnis in Tübingen 26
- Mission des Dichters 29
- Der Mythus der Dichtung 34
- Phaeton oder die Begeisterung 40
- Ausfahrt in die Welt 46
- Gefährliche Begegnung 48
- Diotima 56
- Nachtigallengesang im Dunkeln 61
- Hyperion 63
- Der Tod des Empedokles 68
- Das Hölderlinsche Gedicht 74
- Sturz ins Unendliche 81
- Purpurne Finsternis 87
- Scardanelli 91
- Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
- Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
- Tragödie ohne Gestalten 145
- Doppelbildnis 149
- Apologie der Krankheit 153
- Der Don Juan der Erkenntnis 161
- Leidenschaft der Redlichkeit 166
- Wandlungen zu sich selbst 172
- Entdeckung des Südens 178
- Flucht zur Musik 185
- Die siebente Einsamkeit 189
- Der Tanz über dem Abgrund 193
- Der Erzieher zur Freiheit 199