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Der Kampf mit dem Dämon - Hölderlin · Kleist · Nietzsche
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Ausfahrt in die Welt Oft schläft, wie edles Samenkorn Das Herz der Sterblichen in toter Schale, Bis ihre Zeit gekommen ist. Wie in ein feindliches Land tritt Hölderlin aus der Schule in das Leben. Noch im rollenden Postwagen schreibt er – symbolisch genug! – jenen Hymnus »Das Schicksal«, an die »Mutter der Heroen, die eherne Notwendigkeit«. In der Stunde der Ausfahrt ist der magisch Ahnungsvolle schon gerüstet für den Untergang. In Wahrheit ist alles für ihn auf das beste bereitet. Kein Geringerer als Schiller hat ihn, da der Vikariatskandidat den mütterlichen Wunsch, Pfarrer zu werden, unbedingt verweigert, als Hauslehrer bei Charlotte von Kalb vorgeschlagen; kaum irgendwo in den dreißig Provinzen des damaligen Deutschland kann der vierundzwanzigjährige Schwärmer ein Haus erhoffen, wo dichterischer Enthusiasmus so geehrt, nervöse Empfindlichkeit und Schüchternheit des Herzens so sehr verstanden werden könnte als bei Charlotte, die selbst eine »unverstandene Frau« war und als frühere Geliebte Jean Pauls für eine sentimentalische Natur volles Verständnis haben mußte. Der Major kommt ihm freundlich entgegen, der Knabe mit inniger Anhänglichkeit, die Morgenstunden werden ihm vollkommen für seine dichterische Produktion freigegeben, Spaziergänge und gemeinsame Ausritte lassen ihn die geliebte und lang entbehrte Natur wieder nahe empfinden, und bei Ausflügen nach Weimar und Jena führt ihn die vorsorgliche Frau in edelsten Kreis: er darf Schiller und Goethe kennenlernen. Ein vorurteilsloses Gefühl kann nicht zögern, einzugestehen, daß Hölderlin nicht besser geborgen sein konnte. Seine ersten Briefe schwellen auch über von Enthusiasmus, ja selbst von einer ungewohnten Heiterkeit: scherzend schreibt er der Mutter, »seit er keine Sorgen und Grillen mehr habe, beginne er dick zu werden«, rühmt die »zuvorkommende Gefälligkeit« seiner Freunde, die des kaum begonnenen Hyperion erste Bruchstücke in Schillers Hand und damit der Öffentlichkeit übergeben. Einen Augenblick lang hat es den Anschein, als sei Hölderlin beheimatet in der Welt. Aber bald hebt sich die dämonische Unruhe in ihm empor, jener »furchtbare Geist der Unrast«, der ihn »wie Wasserflut auf Bergesgipfel« treibt. Aus den Briefen beginnt eine leichte Verdüsterung zu sprechen, Klagen über die »Abhängigkeit«, und plötzlich bricht die Ursache hervor: er will fort. Hölderlin kann nicht in einem Amt, in einem Beruf, in einem Kreise leben: jede andere als eine poetische Existenz ist ihm unmöglich. Noch mag es ihm 46
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Der Kampf mit dem Dämon Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Title
Der Kampf mit dem Dämon
Subtitle
Hölderlin · Kleist · Nietzsche
Author
Stefan Zweig
Date
1925
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
202
Keywords
Literatur, Schriftsteller
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorwort 5
  2. Teil 1 - Hölderlin 15
    1. Die heilige Schar 17
    2. Kindheit 21
    3. Bildnis in Tübingen 26
    4. Mission des Dichters 29
    5. Der Mythus der Dichtung 34
    6. Phaeton oder die Begeisterung 40
    7. Ausfahrt in die Welt 46
    8. Gefährliche Begegnung 48
    9. Diotima 56
    10. Nachtigallengesang im Dunkeln 61
    11. Hyperion 63
    12. Der Tod des Empedokles 68
    13. Das Hölderlinsche Gedicht 74
    14. Sturz ins Unendliche 81
    15. Purpurne Finsternis 87
    16. Scardanelli 91
  3. Teil 2 - Heinrich von Kleist 95
    1. Der Gejagte 97
    2. Bildnis des Bildnislosen 100
    3. Pathologie des Gefühls 103
    4. Lebensplan 111
    5. Ehrgeiz 115
    6. Der Zwang zum Drama 119
    7. Welt und Wesen 125
    8. Der Erzähler 129
    9. Die letzte Bindung 133
    10. Todesleidenschaft 136
    11. Musik des Untergangs 140
  4. Teil 3 - Friedrich Nietzsche 143
    1. Tragödie ohne Gestalten 145
    2. Doppelbildnis 149
    3. Apologie der Krankheit 153
    4. Der Don Juan der Erkenntnis 161
    5. Leidenschaft der Redlichkeit 166
    6. Wandlungen zu sich selbst 172
    7. Entdeckung des Südens 178
    8. Flucht zur Musik 185
    9. Die siebente Einsamkeit 189
    10. Der Tanz über dem Abgrund 193
    11. Der Erzieher zur Freiheit 199
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