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leute verwies und verkündete, sie stoße auf »ächte Britten Art«2 in die Alpen vor.
Die Königin stellte keine Pionierin dar – in der medialen Wahrnehmung hatte
sich bereits ein britischer Reisetypus etabliert.
Dem italienischen Königshaus wurde, teils durch Eigenaussagen oder solchen
von nahestehenden Personen, teils durch Presseartikel immer wieder die Not-
wendigkeit attestiert, sich in den Alpen zu erholen und dem Hofzeremoniell
zu entfliehen. Der erste italienische König Vittorio Emanuele II. zog sich re-
gelmäßig für ausdauernde Jagdausflüge in die Alpen zurück, in denen er vor der
Installation der Telegrafenleitungen größtenteils unbehelligt von den politischen
Geschäften Roms blieb. Margherita berichtete in mehreren Briefen bezüglich
ihres Ehemannes, dass die alpine Jagd gut für dessen Gesundheit sei. Während
der politischen Unruhen von 1898 hob sie dies besonders als Gegensatz zu der
von ihr als niederträchtig bezeichneten politischen Welt hervor – die Alpen
dienten als erholsame Gegenwelt zum hektischen Leben einer Monarchin. Auch
bezüglich ihrer eigenen Verfassung betonte Margherita in ihren Briefen immer
wieder, dass sie in den Bergen Ruhe fände, um ihre psychische und physische
Gesundheit zu regenerieren und die alltäglichen Leiden und das Elend der Welt
hinter sich zu lassen, weswegen sie sich auch nach dem Tod ihres Ehemannes
regelmäßig in ihr neu erbautes Anwesen in den Alpen zurückzog. In einem Brief
berichtete sie außerdem über den von Gressoney nicht allzu weit entfernten Ort
Valsesia, und dass sie dort lieber in der Herberge mit den Pilgern übernachten
würde, als in dem überaus luxuriösen Hotel, in dem die Engländer abstiegen.
Margherita zeigte so bürgerliche Bescheidenheit. Auch ihrem Sohn Vittorio
Emanuele III. und dessen Ehefrau Elena wurde während ihrer Regierungszeit
unter anderem in einer Lokalzeitung im Valle Gesso zugeschrieben, sie befänden
sich dort fern der höfischen Etikette. Besonders hervorgehoben durch Victoria
und Margherita wurde auch die Reinheit der alpinen Luft, die der Gesundheit
besonders förderlich sei. Victoria nahm darauf einige Male in ihrem Tagebuch
Bezug, wie auch das Luzerner Tagblatt, welches auch mit Verweis auf die Re-
generierung fernab des Hofes der Königin wünschte, dass sie sich nach ihrem
Aufenthalt in der »freie[n] Schweizerluft«3 gesund nach England zurückkehren
möge. Margherita schrieb ebenfalls von der reinen Luft der alpinen Landschaft
und dem ansteigenden Bedürfnis danach nach mehrmonatigem Stadtleben.
Ein weiteres Motiv stellte die alpine Tour als Teil der höfischen Ausbildung
dar, die neben der geistigen auch eine physische Prüfung darstellte. Das war bei
2 o. A., »Luzern«, 26. August 1868, S. 4.
3 o.
A., »Luzern«, 8.
September 1868, S.
4.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC
Die Macht auf dem Gipfel
Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Title
- Die Macht auf dem Gipfel
- Subtitle
- Alpentourismus und Monarchie 1760–1910
- Author
- Eva Bachmann
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21122-8
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 294
- Keywords
- Alpen, Tourismus, Berge, Alpinismus, Reisen
- Categories
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Table of contents
- 1. Einführung 7
- 2. Wie die Touristinnen und Touristen zum Berg kamen : Alpine Reisende 26
- 3. British Royalty – das britische Königshaus 51
- 4. Casa Reale d’Italia – das italienische Königshaus 140
- 5. Vergleich 243
- 6. Fazit 258
- 7. Quellen- und Literaturverzeichnis 266
- 8. Abbildungsverzeichnis 285
- 9. Dank 288
- 10. Register 289