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Epochenbild 23
Ausgestaltung
der kirchlichen
Strukturen
Schriftlichkeit
in karolingischer
Zeit
âTirolâ unter den
Ottonen
Schrift in die Tradition der Churer Romanitas einordnen. Aus dieser Richtung ka-
men auch die wesentlichen religiösen und kulturellen Impulse im Vinschgau, der ja
bis zum Beginn des 19. Jhs. zur Diözese Chur gehörte.
Die fĂŒr das geistige Leben ganz wesentliche kirchliche Organisation im spĂ€teren
Tiroler Raum erfuhr knapp vor 800 ihre fĂŒr lange Zeit maĂgebliche Ausgestaltung.
Das bis in die SpĂ€tantike zurĂŒckreichende Bistum SĂ€ben, das Eisacktal im SĂŒden
bis Klausen und zudem das Pustertal, das Wipptal und das Tiroler Inntal bis zum
Ziller einschlieĂlich der SeitentĂ€ler umfassend, wurde der im Jahre 798 neu er-
richteten bayerischen Kirchenprovinz mit dem Zentrum Salzburg zugeordnet. Die
damit erfolgte Einbeziehung des zentralen Bereichs des spÀteren Tirol in die von
zahlreichen Klöstern und Bischofssitzen geprÀgte bayerische geistliche und geistige
Landschaft zeigte nachhaltige Folgen auch im Bereich der Literatur. Die Diözese
Trient umfasste im Wesentlichen das heutige Trentino sowie in SĂŒdtirol das Etsch-
tal bis vor Meran und das Eisacktal von Bozen bis vor Klausen mit den entsprechen-
den NebentĂ€lern. Weitere gezĂ€hlte neun BistĂŒmer verfĂŒgten sodann bis um 1800
ĂŒber Randbereiche der historischen Grafschaft Tirol (neben Chur auch Augsburg,
Freising, Salzburg, Chiemsee, Aquileia, Padua, Feltre-Belluno, Verona, Brescia).
Obwohl etwa Bischof Alim, ein Zeitgenosse Karls des GroĂen, mit Alkuin, dem
fĂŒhrenden Geist am Hofe des Kaisers, und mit Erzbischof Arn von Salzburg Kon-
takte unterhielt, sind uns aus dieser Zeit keine Zeugnisse einer literarischen TĂ€tig-
keit aus SÀben erhalten geblieben. Immerhin stammt die Àlteste Originalurkunde
des Brixner Hochstiftsarchives, ausgestellt vom karolingischen Herrscher, aus dem
9. Jh., und mehr oder weniger zufĂ€llig ist im Jahre 828 in einer Freisinger Ăberlie-
ferung auch ein Notar des SĂ€bener Bischofs namentlich genannt. Im Jahr 845 war
in Trient ebenfalls ein Notar tĂ€tig â ein völlig isoliertes Zeugnis fĂŒr das Weiterleben
der Schriftlichkeit in einer diesbezĂŒglich höchst dunklen Epoche. Dabei muss es an
den Bischofssitzen wohl Skriptorien gegeben haben, um die fĂŒr den Kult notwen-
digen und auch ansonsten bezeugten liturgischen BĂŒcher herzustellen. Inwieweit
damals auch eigene Domschulen existiert haben, entzieht sich unserer Kenntnis.
Kaiser Lothar I. hat im Jahre 825 als zentralen Schulort fĂŒr den Bezirk von Trient
die Stadt Verona bestimmt. Als einziges nennenswertes Zeugnis aus dieser Zeit hat
sich ein Sakramentar mit einem Martyrologium aus Trient erhalten, fĂŒr das fall-
weise auch eine Entstehung in SĂ€ben angenommen wurde.
Dieses fast vollstĂ€ndige Vakuum an literarischen Ăberlieferungen in der Karolin-
gerzeit im Gebiet der Bischöfe von SÀben und Trient setzte sich im 10. Jh. fort. Zwar
Ànderte sich der politische Stellenwert der zentralen AlpentÀler unter den Ottonen
betrÀchtlich. Mit der Wiederaufnahme der Italienpolitik unter Otto I., die ihren
Höhepunkt in der Erneuerung der KaiserwĂŒrde im Jahre 962 erlebte, gewann der Be-
reich zwischen Augsburg und Verona als idealer Kommunikationsstrang zwischen der
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Ć ubariÄ
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Ć ubariÄ) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Ć ubariÄ) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Ć ubariÄ) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur GrĂŒndung der UniversitĂ€t (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Ć ubariÄ) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Ć ubariÄ) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593