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50 Von den Anfängen bis zu Meinhard II. und der Begründung der Tiroler Landeseinheit (um 1285)
Vorbilder
Tirolbezug
Annales Montis
Sancti Georgii („Quirinalien“), einem hagiographischen Gedichtzyklus in sechs Büchern, schreibt
er ĂĽber Leben und Leiden des Tegernseer Patrons Quirinus, ĂĽber die Translation
seiner Reliquien von Rom nach Tegernsee und ĂĽber die von ihm gewirkten Wunder
(s. Jacobsen 1965) ; der letzte Teil des um 1160 in Tegernsee entstandenen Werkes ist
der Geschichte des Tegernseer Klosters im 11./12. Jh. und seinen Vögten gewidmet.
Bei der Adaption seiner Quellen – Hauptquelle ist die Passio Sancti Quirini („Lei-
den des Hl. Quirinus“) aus dem 9. Jh. – stellt Metellus sich bewusst in die Tradition
des Horaz, dessen Inhalte er aufgreift und dessen VersmaĂźe er ĂĽbernimmt, fĂĽr die
Eklogen (Buch 5) auch in jene Vergils ;32 die formale Vielfalt wird darĂĽber hinaus
durch metrische Entlehnungen aus Boethius und Prudentius vermehrt. Die älteste
erhaltene Hs. des in zwei Autorenfassungen ĂĽberlieferten Werkes ist Cod. 267 der
Stiftsbibliothek Admont, der eine ĂĽberarbeitete und erweiterte Version bietet.
Einige Partien der Quirinalia haben einen engen Tirolbezug (vgl. Riedmann 1973,
27–29). So stellt Metellus in seiner fünften Ekloge einen Dialog zwischen dem Abt
von Tegernsee („Menalca“) und jenem von St. Georgenberg („Mopsus“) dar, in dessen
Verlauf letzterer das Mirakel von dem Mann erzählt, der dem Hl. Quirinus eine Kuh
geweiht hatte, diese dann aber – um den weiten Weg nach Tegernsee zu vermeiden –
nach St. Georgenberg bringen wollte (Egloga quinta Quirinalium. De vacca, que voto
promissa beato Quirino ob viÄ™ longitudinem ad sanctum Georgium ducebatur. Hic Me-
nalca abbas Tegriensis, Mopsus est abbas sancti Georgii, qui ipsum enarravit presentia sua
gestum, zitiert nach Jacobsen 1965) ; das Tier jedoch kennt seine wahre Bestimmung
und lässt sich auch nicht mit Gewalt dazu bewegen, die Brücke vor dem Kloster zu
passieren, sondern läuft, als man es losbindet, nach Tegernsee. Die genaue Schilderung
der geographischen Verhältnisse von St. Georgenberg lässt wohl darauf schließen, dass
Metellus die Gegend kannte. Ebenso wenig der ErfĂĽllung eines GelĂĽbdes kommt ein
Inntaler (quidam Intalensis) nach, der in der neunten Ekloge auftritt. Im sechsten Teil
des Werkes erzählt Metellus vom Besuch Heinrichs IV. im Kloster St. Georgenberg
und ĂĽber die Wallfahrten zum Heiligtum des Hl. Georg (Nr. 5).
Als Beispiel historiographischer Prosa lieĂźen sich in diesem Zusammenhang die
Annales Montis Sancti Georgii33 („Annalen von St. Georgenberg“) nennen, wenn
feststĂĽnde, dass sie ĂĽberhaupt in St. Georgenberg entstanden sind ; die Hs. (heute :
London, British Museum, Add. 18344) jedenfalls befand sich im 19. Jh. noch im
Besitz des Klosters. Die knappen Aufzeichnungen betreffen v.a. die Geschicke di-
verser Herrscherhäuser zwischen den Jahren 880 und 1260 (ein Nachtrag unter-
32 Zur Wirkung von Form und Inhalt der Werke Horazens und Vergils auf Metellus vgl. Jacobsen
1965, 53–111.
33 So der Titel bei Holder-Egger 1896, der nicht auf einen inhaltlichen Bezug zu St. Georgenberg,
sondern lediglich auf den eventuellen Entstehungsort hinweisen soll.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593