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58 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
Friedrich IV. Tirol entstanden und eigentlich nicht in einem Tiroler Kontext zu sehen sind, wie
das zweite Sendschreiben des Sektenführers Fra’ Dolcino an seine Anhänger, das
er Ende 1303 im südlichen Grenzgebiet des Hochstifts Trient verfasste (und das
nur in den Schriften seiner Gegner indirekt überliefert ist), lassen sich nur wenige
Autoren und Werke aus dieser Zeit finden, die mit Bestimmtheit in Tirol verortet
werden können. Zu nennen sind die Dichtung Alberts von Neustift, eine anonyme
Vita des Hl. Romedius und die sogenannte Chronik Goswins von Marienberg. Aus
Trient kommen eine astrologische Schrift des Augustinereremiten Augustinus, die
Schrift über die Pest des Arztes Odoricus sowie die historischen Aufzeichnungen
des Domherrn Giovanni da Parma hinzu. Um 1400 finden sich in Tirol auch schon
vereinzelt erste Spuren des Humanismus, des neuen Bildungsideals. So schrieb etwa
der junge Trientner Tomeo seinem Lehrer, dem Humanisten Antonio da Romagno
(1360–1409), einen Brief, in dem er ihn aufforderte, die philosophischen Studien
beiseite zu legen und sich wieder der Dichtkunst zu widmen (BAV, Vat. lat. 5223,
Bl. 22v–24r).
Im Jahr 1406 kam es zur zweiten Teilung der habsburgischen Länder. Die Herr-
schaft über Tirol und bald auch über die sogenannten Vorlande, die habsburgi-
schen Territorien westlich des Arlbergs, übernahm der junge Herzog Friedrich IV.
(† 1439). In der Folge sollte Tirol unter Friedrich und seinem Sohn Erzherzog
Sigmund (reg. 1446–1496) fast das ganze 15. Jh. hindurch wieder ein selbständiges
Land mit einem eigenen, seit etwa 1420 bevorzugt in Innsbruck residierenden Lan-
desfürsten sein. Die erste Phase der Regierung Friedrichs war von großen Schwie-
rigkeiten sowohl in der Außenpolitik als auch im Lande selbst gekennzeichnet.
Nach Konflikten mit den Appenzellern und Bayern geriet Friedrich auch in Streit
mit dem römisch-deutschen König und späteren Kaiser Sigismund von Luxemburg
(reg. 1410–1437). Als Friedrich vom König geächtet wurde, konnte er sich nur noch
in Tirol behaupten. Verschiedene Nachbarn versuchten Teile seines Herrschaftsge-
biets an sich zu reißen, sodass Friedrich zeitweise fast alle vorderösterreichischen
Länder verlor, während Venedig die Situation nützte, um die Gegend um Rovereto
dem Trientner Bischof abzunehmen. Nachdem sich der Herzog schließlich dem
Kaiser hatte unterwerfen müssen und durch Vermittlung seiner habsburgischen
Verwandten eine Aussöhnung mit dem Reichsoberhaupt zustande gekommen war,
widmete er sich der Aufgabe, die verlorenen Gebiete wieder unter seine Kontrolle
zu bringen, was ihm mit Ausnahme der habsburgischen Stammlande auch gelang.
Neben der Hilfe anderer Habsburger war für das Gelingen dieses Vorhabens der
neugefundene Reichtum aus den Silberbergwerken Tirols entscheidend. Gossensaß
und v.a. Schwaz entwickelten sich rasch zu montanistischen Zentren, und mithilfe
dieser Einkünfte vermochte Friedrich einen großen Teil der verlorenen Ländereien
zurückzugewinnen. Im Inneren sah er sich einer starken Opposition durch Teile des
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593