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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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88 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians  I. (1519) Kerkergedicht Appendix Fuchsmagen ludere chartis / Aut sedet occlusa semisopita domo (V.  5–6 ; „Die Königin tut nichts anderes als Karten zu spielen oder sitzt in ihrem versperrten Gemach und dämmert dahin“). Eitle und lästige Höflinge, geschwätzige und weinerliche Hofdamen sowie vergebliche Versuche des Dichters, mit einer Affäre die Zeit totzuschlagen, vervoll- ständigen ein tristes Bild, das weit von der Abfolge herrschaftlicher Lustbarkeiten entfernt ist, als die offiziösere Texte das Hofleben zu schildern pflegen. Ein Gegenbild ganz anderer Art bietet eine Elegie des bereits erwähnten Ita- lieners Georgius Posthumus (carm. 70 [Bl. 67v–69r]). Der Dichter wurde – wir erfahren nicht, wann, von wem und weshalb – für zwei Monate auf Schloss Fried- berg bei Volders eingekerkert und berichtet nun nach seiner Freilassung, für die er der Jungfrau Maria innig dankt, dem Beamten Georg Höllecher (Zingerle 1880, XXXVII) über diese Erfahrung : Schläge, Hunger, Kälte, Ungeziefer, Dreck, ver- rohte und fremdenfeindliche Wärter – man bekommt eine lebhafte Vorstellung davon, was Kerkerhaft zu dieser Zeit bedeuten konnte. Manche Details, z.B. Post- humus’ Behauptung, er sei gezwungen gewesen, sich seinen Bart mit den eigenen Zähnen zu stutzen (V.  36), mögen übertrieben sein ; andere, etwa die Notwendig- keit, das eigene Gewand zugleich als Decke, Hand- und Taschentuch zu verwenden (V.  31–32), wirken glaubwürdig und verstärken den Eindruck eines ungeschönten Realismus. Soweit die Gedichte der Appendix Fuchsmagen mit Tirol zu tun haben bzw. haben könnten, betreffen sie entweder Blasius Hölzl oder Fuchsmagen selbst. Von den Hölzl-Gedichten bezieht keines sich eindeutig auf Tirol, aber da Hölzl den Großteil seiner Karriere in Innsbruck durchlief, kann man vorläufig alle Texte, die keine gegenteiligen Hinweise enthalten, als Tirolensien betrachten : Eine Serie von auf das antike Tierepigramm rekurrierenden Di- und Tetrastichen des Pietro Bonomo spricht Hölzls Hund Turcus15 an (carm. IV–VIII ; Bl. 143rv). Bonomo bietet im ersten, das sich als Extempore-Komposition zu erkennen gibt, eine Probe seiner Virtuosität als Stegreifdichter und demonstriert dann seine Kunst der variatio. Carm. XII (Bl. 144v) ist eine unverblümte Bitte um Unterstützung. Interessanter sind die beiden Fuchsmagen-Gedichte. Das erste, das 25 Hexame- ter umfasst, stammt von einem sonst unbekannten Augustino Tiferno und ist ein Begleitbrief zu einem Manuskript, in dem von Fuchsmagen gesammelte lat. Inschriften aufgearbeitet sind (vgl. Ruf 1877, 108). Tiferno bittet – in Form ei- ner Anrede und eines Auftrags an sein Gedicht selbst, vgl. Ov. trist. 1,1 – den gerade in Innsbruck weilenden Fuchsmagen, den Text im Hinblick auf eine ge- plante Pub likation durchzusehen und zu korrigieren. Weitere Details werde ihm 15 Der Name ist für einen scharfen Hund in Zeiten der Türkenangst durchaus verständlich ; vgl. Zin- gerle 1880, XXXV Anm. 1.
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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