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Rhetorik und Beredsamkeit 103
Disposition,
Thematik
(1444–1504), der an den Hochzeitsfeierlichkeiten als Gesandter des Herzogs von
Ferrara teilnahm.
Collenuccio entschuldigt zunächst die geschäfts- und altersbedingte Abwesenheit seines
Herren Ercole I. d’Este und gibt danach vor, vom Glanz Maximilians geblendet und unfä-
hig zu einer ordentlichen Disposition seiner Rede zu sein. Es ist ein GlĂĽck, dass die Herr-
schaft gerade auf Maximilian ĂĽbergeht,9 ist Herrschen doch eine schwierige und mĂĽhsame
Angelegenheit, die viele gute Eigenschaften verlangt : edle Abstammung, das richtige Alter,
Schönheit, militärische Tüchtigkeit, Erfahrung, Autorität, Glück und Tugend. Maximilian
besitzt all dies : Er ist von beiden Seiten von edler Abstammung, schön, steht im idea-
len Alter von 35 Jahren, ist kriegstĂĽchtig und -erfahren und bezwingt mit seiner Tugend
das launische GlĂĽck. Nachdem kurz die TĂĽrkengefahr angesprochen worden ist, werden
einzelne Tugenden Maximilians erläutert : Besonnenheit, Gerechtigkeit, Freigebigkeit und
Milde. AbschlieĂźend betont Collenuccio die Ergebenheit der Este gegenĂĽber den Herr-
schern des Römischen Reiches und endet mit guten Wünschen.
Die Rede ist wie diejenige DalMainos in elegantem und flĂĽssigem Lat. gehalten
und trotz Collenuccios gegenteiliger Beteuerungen wohldisponiert. Einleitung und
Schluss, wo das Verhältnis der Este zu Maximilian im Vordergrund steht, rahmen
den Hauptteil, der diesen als Muster eines guten Herrschers preist. Historische
Beispiele führen von der römischen Kaiserzeit bis in die Gegenwart (10–12) und
unterstreichen so Maximilians Anspruch, legitimer Nachfolger der römischen Kai-
ser zu sein. Im Übrigen fällt thematisch zweierlei auf : Erstens legt Collenuccio
großen Wert darauf, die Abwesenheit Ercole d’Estes zu entschuldigen und dessen
Ergebenheit gegenĂĽber Maximilian zu betonen ; offensichtlich lag es dem zu diesem
Zeitpunkt ohnehin von auĂźenpolitischen Problemen gebeutelten Herzog sehr am
Herzen, dass sein Fernbleiben vom Herrscher des Römischen Reiches nicht miss-
verstanden wurde. Zweitens – und das fanden schon die zeitgenössischen Zuhörer
seltsam, welche die Rede im Ăśbrigen durchaus goutiert haben (Reg. Imp. 14,1,2,59,
Nr. 479) – wird die Hochzeit selbst mit keinem Wort erwähnt. Möglicherweise war
die Rivalität zwischen den Este und den Sforza, die noch zehn Jahre zuvor im soge-
nannten Ferrarakrieg (1482–1484) aneinander geraten waren, einfach zu groß, als
dass ein Gesandter der einen Familie einen diplomatischen Triumph der anderen,
wie ihn die Verheiratung einer Tochter mit Maximilian darstellte, hätte erwähnen
und anerkennen können.
9 Nämlich die Herrschaft über alle habsburgischen Länder nach dem weiter unten (12) noch kurz
erwähnten Tod seines Vaters Friedrich III. am 19. 8. 1493.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593