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128 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser MaximiliansÂ
I. (1519)
Piccolomini ĂĽber
das Sarntal denberg hinterlassen habe (285),8 und betont bei jeder Gelegenheit wehmĂĽtig,
welch groĂźe Kosten ihm Dienstreisen, Gastgeberpflichten oder die Restaurierung
baufälliger Gebäude verursacht haben : Ausdrücke wie infinitas expensas (302 ;
„unermessliche Ausgaben“), cum magnis expensis (303 „mit großen Ausgaben“),
in magnis expensis (308 ; „unter großem Aufwand“), magno precio (309 ; „um einen
hohen Preis“) gehören zu den häufigsten des Werkes. Die Parteilichkeit, mit der
der Bischof von seinem Leben berichtet, bewegt sich jedoch durchaus in jenem
Bereich, den man aus autobiographischem Schrifttum anderer zeitlicher und ört-
licher Zuordnung kennt. Gerade deshalb sollte man sich aber auch davor hĂĽ-
ten, aus der Schrift voreilige SchlĂĽsse ĂĽber den Charakter und die Lebensart des
Bischofs zu ziehen.9 Eines erlaubt uns die subjektive Prägung des Werkes aber
allemal – einen Rückschluss auf die ursprüngliche Intention seines Autors : Diese
dürfte nämlich darin bestanden haben, sich als tüchtigen und sparsamen Diener
der Kirche darzustellen und der Nachwelt so ein möglichst gutes Andenken an
sich selbst zu hinterlassen. Das Zielpublikum wird deshalb wohl auch im Kreis
seiner kirchlichen Nachfolger zu suchen sein. Von ihnen konnte Putsch hoffen,
dass sie Zugang zu jenen Orten hatten, wo das Manuskript oder Abschriften von
ihm aufbewahrt wurden.
Zum Abschluss dieses Kapitels sei kurz auf ein Streiflicht eingegangen, das eine
der bedeutendsten Autobiographien des gesamten 15. Jhs. auf Tirol wirft. Im Jahr
1443 wurde der große Humanist Enea Silvio Piccolomini, der später als Pius II.
den Heiligen Stuhl besteigen sollte (1405–1464), Pfarrer von Sarnthein, eines ge-
birgigen Sprengels nördlich von Bozen. Rund 15 Jahre später lieferte er in seinen
Commentarii („Bemerkungen“) aus diesem Anlass eine kurze Beschreibung des
Sarntales :10 Dieses ist drei Viertel des Jahres von Schnee bedeckt. Die Bewohner
bleiben während dieser Zeit daheim, betätigen sich als Kistenmacher und Wagner
und spielen meisterhaft Schach.
Nullus hos belli metus occupat, neque honoris cupido cruciat neque auri magna fames atterit :
horum opes pecora sunt, quae per hyemem foeno nutriunt, hisque vivunt ; inter quos et homi-
nes invenire est, quos numquam bibisse constat, quibus pro potu est cybus lacteus. Qui procul
ab ecclesia degunt, corpora hyemis tempore defuncta sub divo reponunt atque astricta gelu in
aestatem servant ; tum plebanus parrochiam circuiens longum funeris ordinem ducit dicensque
novissima verba in cimiterium plura simul cadavera recipit ; illi siccis genis exequias prosequun-
8 Später durch Überstreichen getilgt, vgl. den Apparat von Schaller 1892, 285.
9 Dies tun z.B. Schaller 1892, 279–282 und Nägele 1938, 319–320.
10 Commentarii 1,12 in der Ausgabe von Bellus/Boronkai 1993–1994. Interpretation : Seeber 1997,
10–19.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593