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Kirchliches Schrifttum 157
Bestrebungen zur
Vereinheitlichung
Produktionsschub
seit den 1480er-
Jahren
Tales, aus der ein Missale mit Kalender und ein Graduale aus dem 14. bzw. 15. Jh.
stammen (TLMF, FB 814). Ähnlich ist auch ein Pustertaler Graduale zu deuten,
das in Innichen erhalten geblieben ist (Innichen, VII a7). Dem Reformwillen einer
einzelnen geistlichen Anstalt verdankt weiters ein Rituale aus Neustift vom Jahr
1419 (Neustift, Cod. 167) seine Entstehung. Bei einem Brevier, das, redigiert von
dem in Gastein als Schulmeister wirkenden Schwazer Jakob Praun, schlieĂźlich v.a.
in Bozen Verwendung gefunden haben dĂĽrfte (PBBZ, W 23), handelt es sich um
eine private Initiative. Dasselbe gilt fĂĽr ein aufwendig illustriertes Stundenbuch
(Neustift, ohne Signatur) und eine von einem gewissen Georg Hölzl aus Mattig-
hofen verfasste liturgische Schrift vermischten Inhaltes (Neustift, Cod. 654), die
der aus Klausen stammende Kaspar von Neuhaus in Auftrag gegeben hatte (vgl. das
Explicit, Bl. 202rv ; Peintner 1984, 34).
Ab Mitte des 15. Jhs. ist in der Diözese Brixen ein verstärktes Bemühen feststell-
bar, die Liturgie zu vereinheitlichen : Die überlieferten Texte häufen sich, immer
öfter begegnen Hinweise auf den diözesanen Usus. Der Brixner Bischof Johann
Röttel gab 1447 bei Kaspar Rautter ein Missale Brixinense in Auftrag (SEM, C 1).
Kurz darauf entstanden weitere, teilweise sehr kunstvoll ausgestattete Missalia, Psal-
terien und Obsequialia (TLMF, FB 2433 ; Ă–NB, Cod. 1782). In einigen von ihnen
finden sich Besitzervermerke, die als Zeugnis der Akzeptanz diözesaner Vorschriften
auch in peripheren Seelsorgen wie jener von Lavant (Brixen, ohne Signatur) und
St. Sigmund im Pustertal (SEM, F 7) sowie in Ordensgemeinschaften, z.B. bei den
Dominikanerinnen von Maria Steinach (Ă–NB, Cod. 1898), zu lesen sind. Auch am
landesfĂĽrstlichen Hof in Innsbruck bestand Interesse an liturgischen BĂĽchern, wo-
von ein fĂĽr Herzog Sigmund und seine Gemahlin Eleonore von Schottland ange-
fertigter Psalter aus der Zeit um 1450 Zeugnis gibt (Ă–NB, Cod. 1852). An seinem
Beginn ist, gleichsam als Autorenbild, in die B(eatus vir)-Initiale die Darstellung
des Lyra spielenden Königs David eingefügt. Das Buch enthält die 150 Psalmen,
die biblischen Cantica und abschlieĂźend das Athanasianische Glaubensbekennt-
nis. Die im Verlauf einer Woche zu den Gebetsstunden gelesenen Psalmen wurden
zu Gruppen geordnet und in acht Abschnitte gegliedert (Ps 1–25, 26–37, 38–51,
52–67, 68–79, 80–96, 97–108, 109–150) ; damit verbunden ist eine seit frühchrist-
licher Zeit gebräuchliche Dreiteilung (Ps 1–50, 51–100, 101–150).
Ein intensiver Schub der Produktion liturgischer BĂĽcher ist dann seit den 80er-
Jahren, speziell im letzten Jahrzehnt des 15. Jhs., zu verzeichnen, wobei auf den Usus
des Bistums in der Regel ausdrĂĽcklich hingewiesen wird (TLMF, W 2164 und FB
2944 ; SEM, T 3 ; Brixen, ohne Signatur). Mehrere Missalia, Obsequialia, Gradu-
alia und Breviere aus dieser Zeit, die sich auch durch größere Vollständigkeit und
Ausführlichkeit von älteren unterscheiden, verdanken ihre Entstehung der Initiative
des Bischofs Melchior von Meckau (reg. 1488–1509), der sie vornehmlich bei Augs-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593