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164 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians
I. (1519)
fang verändert (z.B. Köln 1595). Neben dem lat. Original erschien noch 1489 eine
von Molitoris selbst stammende deutsche Übersetzung unter dem Titel Von den un-
holden oder hexen. Auch diese erlebte mehrere Auflagen, kam aber an den Erfolg der
Urfassung nicht heran. Ab 1544 erschienen unter dem Titel Hexenmeisterei einige
Bearbeitungen dieser Übersetzung, die sehr stark in den Text eingriffen. Vielleicht
um eine Korrektur dieser Verwilderung bemüht, übersetzte Konrad Lautenbach,
Pfarrer von Hunkweiler im Elsass, das Werk 1575 ein zweites Mal, nun eng dem
Wortlaut des Originals folgend. Seine Version erlebte während des restlichen 16.
Jhs. insgesamt drei Drucke. Der hier gegebenen Darstellung des Werks liegt die lat.
Edition von Köln aus dem Jahr 1489 zugrunde.
In einer als Brief an Sigmund gestalteten Einleitung beschreibt der Autor u.a. die bisherige
Entwicklung der Situation in Tirol, die zahlreichen Prozesse gegen eine große Anzahl von
Frauen und die Widersprüchlichkeiten der erpressten Geständnisse. Er habe sich für die
Dialogform entschieden, weil das, wie schon die alten Redner bemerkt hätten, die Darstel-
lung auflockere. Das nun folgende Gespräch kreist um acht Themenkomplexe, die jedoch
jeweils nicht geschlossen abgehandelt werden :
1. Wettermachen (vgl. Abb. 25) : Es wird zunächst die These aufgestellt, dass Hexen
Wetter machen können. Belegt werde das durch Gerüchte, die ja schließlich irgendwo
herkommen müssten, und durch unter Folter abgegebene Geständnisse. Die Widerle-
gung argumentiert psychologisch, kriminalistisch und v.a. theologisch. Gerüchte be-
ruhen selten auf Wahrheit und Foltergeständnisse kommen durch Zwang zustande.
Frauen, die solches behaupten, werden auch vom Teufel zu falschen Geständnissen ver-
führt. Vom Standpunkt der Theologie aus können der Teufel und seine Komplizen zwar
Wetter machen, aber nur mit Erlaubnis Gottes. Wenn also Unwetter durch den Teufel
oder Hexen zustande kommen, liegt das im Interesse Gottes, der damit strafen, erproben
oder nützen will.
2. Krankheitszauber und Impotenz : Die Möglichkeit dämonisch verursachter Krank-
heiten wird, auf verschiedene theologische Autoritäten gestützt, akzeptiert. Hochmut kann
dabei den dämonischen Einflüssen leichtes Spiel geben. Im Unterabschnitt über Impotenz
wird auch der Erzherzog angesprochen, der zwar eine Menge unehelicher Kinder, aber
noch keinen legitimen Erben hat. Die grundsätzliche Möglichkeit von Krankheitszauber
liegt wiederum in der Zulassung Gottes.
3. Verwandlung in Tiere : Können sich Hexen in Tiere oder überhaupt in andere Gestal-
ten verwandeln ? Diese Frage wird mit dem Hinweis auf Sinnestäuschungen verneint, von
denen es vier Arten gibt : Traum, Wachtraum, Sinnestäuschung im engeren Sinn, Vision.
Ursache der beiden ersten kann der Teufel sein. Die dritte wird von Gauklern ausgenützt.
Die vierte wird nicht weiter erklärt. Man darf aber annehmen, dass sie direkt von Gott
kommt.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593