Page - 165 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Image of the Page - 165 -
Text of the Page - 165 -
Kirchliches Schrifttum 165
4. Hexenritt und Hexensabbat : Ver-
tragungen von Hexen durch den Teufel
sind grundsätzlich möglich, da dieser
– obwohl selbst reiner Geist – einen
fremden Körper annehmen kann. Im
Widerspruch dazu wird allerdings auch
behauptet, dass Vertragungen in der
Regel nur eingebildet sind und wie im
Traum stattfinden.
5. Teufelsbuhlschaft : Der Teufel kann
menschliche Gestalt annehmen und
auch mit Frauen schlafen. Nach der Fest-
stellung dieser Tatsache leitet Molitoris
gleich zum nächsten Punkt über, der die
Konsequenz daraus behandelt.
6. Satanskinder : Die Zeugung von
Kindern durch den Teufel ist nicht mög-
lich, weil dafür nach den gängigen me-
dizinischen Autoritäten nicht nur das
männliche Glied, sondern auch die Per-
son notwendig ist. Fälle von magischen
Geburten beruhen entweder auf Einbildung oder auf Unterschiebung.
7. Zukunftsdeutung : Beispiele eingetroffener Wahrsagerei werfen die Frage auf, wie
der Teufel die Zukunft wissen kann, wenn doch Gott ihr alleiniger Urheber ist. Es wird
zugestanden, dass die Dämonen aufgrund ihres Geistwesens und ihrer daher rührenden
gesteigerten Erkenntnisfähigkeit die Zukunft besser vorhersagen können als die Menschen.
Trotzdem bleiben ihre Prophezeiungen letztlich unsicher, was wiederum mit Beispielen be-
legt wird. Eindringlich wird vor Wahrsagerei gewarnt (was einer gewissen Delikatesse nicht
entbehrt, da z.B. Astrologie auch am Hof Erzherzog Sigmunds getrieben wurde).
8. Strafbarkeit : Der von Hexen vollzogene Abfall vom christlichen Glauben fordert
grundsätzlich die Todesstrafe. Mit einem Hinweis auf den Codex Iustinianus gibt Molitoris
zu verstehen, dass er die weltliche Obrigkeit zur Urteilsfindung und -vollstreckung fĂĽr
berufen hält.
Abschließend werden die Ergebnisse in thesenartigen Sätzen zusammengefasst : Vieles
am Hexenwesen ist unwahr oder eingebildet. Hexen sind Opfer des Teufels, dem sie wegen
Verzweiflung, Armut oder Hass auf ihre Nachbarn nicht widerstehen können. Das Verbre-
chen der Hexen besteht in einem Abfall vom Glauben, der von weltlichen Gerichten mit
dem Tod bestraft werden soll. In einer predigthaften Ermahnung werden die Frauen dazu
aufgefordert, dem Teufel zu widerstehen und ein tugendhaftes Leben zu fĂĽhren.
Abb. 25: Hexen beim Wettermachen, aus Moli-
toris’ De lamiis et phitonicis mulieribus.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593