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Philosophie 171
De pace fidei
und Orvieto. Er übte hohe Kirchenämter aus und entwickelte seine Spätphiloso-
phie. Er starb im August 1464 in Todi während der Vorbereitungen zu einem von
Pius II. geplanten Kreuzzug gegen die Türken. Zu einem verspäteten Ausgleich im
Streit mit Herzog Sigmund kam es erst einige Tage nach seinem Ableben durch
Vermittlung des Kaisers.
Am 29. Mai 1453 war Byzanz gefallen. Die westliche Welt befand sich in tiefer
BestĂĽrzung. Nach dem Schock wurden Stimmen nach einem Kreuzzug gegen die
TĂĽrken immer lauter. Cusanus erfuhr von dem Ereignis, als er am 28. Juni 1453
von Rom nach Brixen zurückkehrte. Ein militärischer Schlag schien ihm, zumin-
dest als philosophisch-theologischem Theoretiker, keine Lösung zu sein. Er war der
Auffassung, dass Religionskriege grundsätzlich vermeidbar sind, da alle Religionen
einen gemeinsamen Kern haben. Der im September 1453 abgeschlossene Dialog
De pace fidei ist das Ergebnis seiner Ăśberlegungen. Cusanus hat diesmal ein brei-
teres Publikum vor Augen. Anspruchsvollere philosophische Konzepte wie die Ko-
inzidenzlehre bleiben ausgeklammert. In Form und Inhalt konnte der FĂĽrstbischof
am ehesten anschlieĂźen an den Dialogus inter philosophum, Iudaeum et Christianum
(„Dialog zwischen einem Philosophen, einem Juden und einem Christen“) von Pe-
trus Abaelardus (1079–1142) und an den Liber de gentili et tribus sapientibus („Buch
von einem Heiden und drei Weisen“) des von ihm hoch geschätzten Ramon Llull
(1235–1316).
Ein „frommer Mann“ (vir zelo Dei accensus) – es ist leicht zu erschließen, dass es sich dabei
um Cusanus selbst handelt – hört von dem Wüten des türkischen Sultans in Konstanti-
nopel. Er sieht das Problem des Zusammenpralls verschiedener Religionen und meditiert
darĂĽber. Nach einigen Tagen hat er eine Vision, die er niederschreibt : In den Himmel
entrĂĽckt, wohnt er einer Versammlung der Seligen und der Engel mit Gott bei. Boten
bringen die Nachricht von verschiedenen Religionskämpfen, der Erzengel Michael und das
menschgewordene Wort (Verbum) Gottes bitten Gottvater, sich den Menschen zu erken-
nen zu geben und damit den Kämpfen ein Ende zu machen. Es geht darum zu zeigen, dass
es unter der Verschiedenheit der Riten nur eine einzige Religion gebe (I,6,10–11 : religio
una in rituum varietate). Auf Gottes Befehl werden die weisesten Männer aus allen Völkern
in den Himmel entrĂĽckt. Auf himmlischer Seite stehen ihnen als Diskussionspartner das
Wort sowie die Apostel Petrus und Paulus gegenĂĽber. Insgesamt sind es 17 Vertreter der
Weltreligionen, die nacheinander mit den christlich-himmlischen Diskussionspartnern ins
Gespräch kommen. Unter den verschiedenen Religionen gewinnt der durch einen Türken
und einen Araber repräsentierte Islam, dem Anlass der Schrift entsprechend, die schärfsten
thematica perfectione, das in Rom abgeschlossen wurde, und den Trialogus de possest, der nicht mit
Sicherheit in Tirol entstand.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593