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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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172 Von der Tiroler Landeseinheit bis zum Tod Kaiser Maximilians  I. (1519) Cusanus’ Ökumene Rezeption Konturen. Die Weisen lassen sich von der Richtigkeit der einen, dem Menschen von der Vernunft gegebenen, Religion überzeugen. Äußerliche Unterschiede rechtfertigen keine Gewalt. Am Ende werden die Weisen von Gott aufgefordert, diese Einsicht unter ihren Völkern zu verbreiten und in Jerusalem einen ewigen Religionsfrieden zu schließen. Man hat De pace fidei mit gutem Recht die ökumenische Umsetzung des philo- sophisch-theologischen Programms von De docta ignorantia genannt. Dort wurde festgehalten, dass Gott in seinem Wesen unerkennbar ist und dass menschliche Er- kenntnis immer nur relativ und approximativ bleibt. Dieselben Argumente werden hier in praktischer Anwendung zur Völkerverständigung eingesetzt. Mit den Ideen einer einheitlichen Vernunftreligion und des daraus entspringenden ewigen Frie- dens scheint Cusanus ein Vorläufer späterer ökumenisch-pazifistischer Bewegungen zu sein. Zum Teil trifft das zu, zum Teil allerdings auch nicht. Die natürliche Reli- gion des Cusanus ist noch nicht jene der Aufklärung, sondern enthält wesentliche christliche Elemente, etwa einen monotheistisch-trinitarischen Gott, die Gestalt des gottmenschlichen Erlösers, die Auferstehung der Toten und anderes. Die pro- phetisch beschworene Einigung der Weisen und ihrer Völker entbehrt nicht eines missionarischen Zugs. Es muss auch hinzugefügt werden, dass zwischen Cusanus’ Theorie und Praxis eine Kluft besteht. Der Kirchenmann konnte sich populären Klischees und der Realpolitik seiner Zeit nicht entziehen. In seinen Predigten be- zeichnet er z.B. Mohammed als die „apokalyptische Bestie“ (serm. 210,20) und ruft nach dem Sieg in der Schlacht bei Belgrad zum Kampf gegen die Türken auf (serm. 240). 1461 schrieb Cusanus zur Beratung des Papstes die Cribratio Alkoran, eine „Durchsiebung des Koran“, in der er christliche Apologetik gegenüber dem Islam betrieb. 1464 sollte er in führender Position an den Vorbereitungen des von Pius II. geplanten Kreuzzuges gegen die Türken mitwirken. Dennoch, 1453, als ein guter Teil Europas nach Krieg schrie, war die Schrift De pace fidei zweifellos cou- ragiert. Trotz der nötigen Einschränkungen ist sie ein – nicht zuletzt wegen ihrer geschichtlichen Situation – einzigartiges und noch heute viel gelesenes Dokument ökumenischer Theorie. De pace fidei hatte ein reiches Nachleben. Das erklärt sich zum einen durch das immer wieder aktualisierbare Thema der Verständigung unter den Religionen ; zum anderen durch den sozusagen exoterischen Charakter der Schrift, die von schwie- rigen philosophischen Voraussetzungen absieht. Im Kloster Tegernsee wurde sie kopiert und gelesen. Zeitgenossen des Cusanus wie Heymericus de Campo oder Johannes von Segovia äußerten schriftlich Beifall. Im 16. Jh. wurde das Werk von Johannes Kymeus zur Vorwegnahme von Ideen Luthers stilisiert. In seiner refor- matorischen Flugschrift Des Babsts Hercules wider die Deutschen (Wittenberg 1538) übersetzte er jenen Teil von De pace fidei, in dem – vermeintlich im Sinne Luthers
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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