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236 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands
II. von Tirol (1595)
panegyrische
Dichtung
Panegyrik für Cles
Überblick und durch Marginalien hervorgehobene Grußadressen an den Festtag, die Seligen,
Maria, Engel, Patriarchen, Propheten, Apostel, Märtyrer, Mönche und Einsiedler,
Kirchenlehrer, Jungfrauen sowie zu guter Letzt alle Heiligen. Der Festtag und die-
jenigen, denen er geweiht ist, haben also rahmende Funktion. Gleichzeitig schließt
das Stück mit einer Klimax : Die letzte Anrufung ist zugleich die längste und enthält
eine flehentliche Bitte um Rettung vor den Übeln der Gegenwart, d.h. vor der Re-
formation und den Türken.
Die Panegyrik konzentriert sich, wie das auch in den folgenden Epochen der Fall
sein wird, auf Trient und Innsbruck und richtet sich vorwiegend an Trientner Fürst-
bischöfe und Habsburger Herrscher. Dabei setzt die Produktion im Süden, wo der
Herrschaftsantritt des Bernhard von Cles 1514 eine vorgezogene Epochengrenze
darstellt, ein halbes Jahrhundert früher ein als im Norden, wo erst seit den 1550er-
Jahren und dann verstärkt seit dem Regierungsantritt Ferdinands II. größere Men-
gen an Texten entstehen. Der folgende Überblick beginnt demgemäß mit Trient
und geht dann zu den Habsburgern über. Innerhalb der beiden Blöcke gliedert er
nach Adressaten und hält nach Möglichkeit eine chronologische Ordnung ein.
Als typischer Renaissancefürst war Bernhard von Cles der erste Bischof von Tri-
ent, der in größerem Umfang Gegenstand und Adressat lat. (und volkssprachlicher)8
Panegyrik wurde. Schon einer seiner Panegyriker selbst bedauert ihn (Camillo Za-
netti bei Steinmayr 1935, 140) : Certatim in te omnes conculcant laudis acervos, / et
respirandi vix datur hora tibi („Um die Wette bewerfen9 dich alle haufenweise mit
Lob, und kaum eine Stunde bleibt dir, um Atem zu schöpfen“). Die einschlägigen
Texte wurden bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jhs. von Ippolito da Pergine
gesammelt, doch ist diese Sammlung ebenso verloren wie eine Reihe weiterer, in ihr
nicht enthaltener Texte (Steinmayr 1935, 107–108, 142–143) ; besonders schade
ist dies im Falle der epischen Clesias des Giano Pirro Pincio (vgl. hier S. 311). Den
größten Teil des noch Erhaltenen hat Steinmayr 1935 zusammengetragen und be-
sprochen.
Die 24 kurzen (zwei bis 104, im Schnitt gut 20 Verse umfassenden) Gedichte
von elf verschiedenen Autoren, von denen die meisten sonst kaum als Dichter in
Erscheinung getreten sind, stehen mit drei Ausnahmen im elegischen Distichon.
Die wichtigsten Themen sind neben dem allgegenwärtigen Preis von Cles’ Tugen-
den, Bitten um Unterstützung und Ruhmesverheißungen die Rückkehr des Fürst-
bischofs von verschiedenen diplomatischen Missionen, seine Erhebung zum Kar-
8 Ein bekanntes italienisches Beispiel ist etwa Pietro Andrea Mattiolis 1539 in Venedig erschienenes
Gedicht Il Magno palazzo del cardinale di Trento, descritto in ottavarima.
9 Conculco („mit Füßen treten“) scheint falsch verwendet, vielleicht aufgrund einer Verwechslung mit
cumulo („anhäufen“) ; die Übersetzung richtet sich nach dem vermutlich intendierten Sinn.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593