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Dichtung 239
Tommaso
de Fatis :
Dankeselegie
Malpaga an
de Fatis
Epitaphe auf
Simone Butalosso
dass es sich in Wirklichkeit um zwei Elegien handelt, lässt sich nicht ausschließen.
Zweitens : Wie erklärt sich die zwar wohlwollende, dabei aber recht herbe Kritik im
ersten Teil ? Die plausibelste Antwort ist, dass der Verfasser nicht auf die Hilfe seines
Adressaten angewiesen war ; es dĂĽrfte sich bei ihm eher um einen Standesgenossen
als um einen Untergebenen handeln.
An diese Gedichte auf Cles selbst seien noch einige StĂĽcke angeschlossen, die
zu seiner Zeit in Trient auf andere Amtsträger und Privatpersonen verfasst wur-
den. Eine kurze, aber recht interessante Dankeselegie richtet Tommaso de Fatis
nach Ausweis der Hs. BCT, ms. 4972 um 1533 für eine nicht näher erläuterte
Gunstbezeugung an den Rat von Trient. Er erklärt zunächst in einer elaborierten,
19 Verse umfassenden irrealen Periode, dem Rat niemals angemessen danken zu
können, selbst wenn er überragende poetische Fähigkeiten und unerschöpflichen
Reichtum besäße. Stattdessen bringt er seinen Wohltätern sein dankbares Herz
dar, wie der pointierte Schlussvers erklärt : accipe, quae superis munera corda damus
(„Empfange die Gabe, die ich auch den Himmlischen darbringe : mein Herz“).
Ob solche Dankesbezeugungen während der Sitzungen des Rates verlesen wur-
den ?
Tommaso wird seinerseits zum Adressaten panegyrischer Poesie, wie er das auch
schon in der vorhergehenden Epoche war (vgl. hier S. 84) : Ebenfalls um 1533
preist ihn ein Martino Malpaga in zwei Gedichten (BCT, ms. 4968). Vor einem
italienischen Sonnett steht ein lat. Epigramm, das die dichterische Unfähigkeit sei-
nes Verfassers den großartigen poetischen Fähigkeiten Tommasos gegenüberstellt.
Der Titel setzt dessen Erhebung zum Ritter vom güldenen Sporn (vgl. hier S. 84)
voraus.
Zu den Anlässen, zu denen die Mitglieder der humanistischen res publica litte-
raria sich gegenseitig Gedichte widmeten, gehörten auch Todesfälle. Die auf 1520
circa datierte Hs. BCT, ms. 4956 enthält neben zwei italienischen Gedichten sechs
lat. Grabepigramme auf einen Juristen Simone Butalosso ; ob sie von einem oder
mehreren Autoren stammen, ist unklar. Das zweite dieser Epitaphe greift, wie das
häufig geschieht, die antike Gewohnheit auf, einen Dialog zwischen einem Passan-
ten und dem Grabstein bzw. dem Toten selbst zu inszenieren :
V(iator) : Quis tegitur saxo hoc ? G(enius) : Simon Butalossus amicus
Legibus et doctor, proh dolor, egregius.
V(iator) : Num iacet hic totus ? G(enius) : Pars caelo maxima claro
Perfruitur : tantum11 hic tenet ossa lapis.
11 Der Hiat so im Original.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593