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242 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands
II. von Tirol (1595)
weitere Cristoforo-
Panegyrik
Madruzzo-
Pane
gyrik in
Ingolstadt
Johann Engerd,
Madrucias genden Vergleich der Ehe mit einer Raubtierdressur : Zürnt der Mann, so soll ihn
die Frau durch Nachgiebigkeit besänftigen (68),
Nam neque vi placida potius quam voce magistri
Et manibus solet infrendens leo dentibus iras
Ponere et hic demum plaudentis lambere dextram.
denn der zähneknirschende Löwe pflegt nicht sosehr durch Gewalt als vielmehr durch
sanfte Stimme und Hände des Dompteurs seinen Zorn abzulegen und schließlich die
Rechte dessen zu lecken, der ihm Beifall spendet.
Weniger interessant sind zwei weitere panegyrische Erzeugnisse für Cristoforo. Der
Trientner Jurist Melchior Partini (1531–1569) widmet ihm um 1560 eine kurze
Elegie, in der er ihm für erste Zeichen seiner Gunst dankt, ihn seiner Ergebenheit
versichert und ihm für die Zukunft Besseres verspricht (vgl. Tartarotti 121 und
128–129 zu Autor und Text). Das einzig Bemerkenswerte an dem mediokren Stück
ist V. 9, wo Partini vor lauter Bemühung, den berühmten Beginn der horazischen
Carmina in einen Hexameter zu integrieren, einen Siebenfüßler produziert : Me-
coenas atavis proavisque potens, non ulla vetustas / […] („O Mäzen, durch Urahnen
und Vorfahren mächtig, kein Alter [wird deinen Namen vergessen lassen]“). Ein
seltsames Stücklein Panegyrik sind die fünf Distichen in der Hs. BCT, ms. 2204, in
denen ein Anonymus die poetischen Fähigkeiten des Fürstbischofs preist : Der Au-
tor erleidet einen Fieberanfall, da erscheint Apollo und verheißt ihm, die Gedichte
Cristoforos würden ihn heilen. Möge dieser ihm wirklich welche übersenden !
Ihren literarischen Höhepunkt erreicht die Verherrlichung nicht nur Cristofo-
ros, sondern seiner Familie insgesamt schließlich paradoxerweise nicht in Trient,
sondern in Ingolstadt. An der dortigen Universität finden wir Carlo Gaudenzio
(1562–1629), den Neffen Lodovico Madruzzos und künftigen Fürstbischof, im
Sommersemester des Jahres 1583 als Rektor. Im selben Jahr erscheint in Ingolstadt
ein Büchlein mit zwei epischen Gedichten, in denen die herausragenden Mitglieder
seiner Familie gepriesen werden.
Der Verfasser des ersten Werkes, einer Madrucias („Madruzzo-Epos“) in drei Bü-
chern, ist der 1547 im thüringischen Neustadt geborene Johann Engerd, der auch
unter seinem Humanisten-Namen Stenechthon bekannt ist (ADB 6, 144–145). Er
war bis zu seiner Entlassung im Jahr 1587 an der Universität als Professor für Poesie
tätig und war bereits vor dem Rektorat von Carlo Gaudenzio als Verfasser panegyri-
scher Gedichte (auf die Ursprünge der Herrscherhäuser von Österreich und Bayern
und auf die Grafen von Montfort) in Erscheinung getreten. Ob er aufgrund dieses
Lebenslaufes (und trotz seines umstrittenen Lebenswandels) von Persönlichkeiten
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593