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TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
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248 Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands  II. von Tirol (1595) Dichtung und Vision vergilischer Tiber als Vorbild Blacque, Gratulatio Das anmutige Gedicht verbindet die von seiner Zielsetzung herrührenden enko- miastischen Elemente gekonnt mit Motiven und Techniken, die für die Textsorte „Weissagung“ typisch sind. Zu nennen ist hier an erster Stelle die Visionalität, die besonders im zweiten Teil der Prophezeiung zum Ausdruck kommt. Der Flussgott liefert nämlich nicht nur einen trockenen Vorbericht über die Taten Maximilians, sondern führt sich dessen Zukunft im Stile eines Sehers vor Augen. Die dadurch erreichte Plastizität der Darstellung erinnert an Weissagungen, wie wir sie z.B. von der Sibylle Vergils (Aen. 6,83–97) kennen. Vergils Aeneis ist aber noch in anderer Hinsicht ein wichtiges Vorbild. Zu Beginn des achten Buches (Aen. 8,26–67) erscheint dem Titelhelden im Traum der Fluss- gott Tiber und berichtet von der Zukunft der Trojaner in Latium. Diese Situation ähnelt in vieler Hinsicht der hier vorliegenden : In beiden Fällen richtet sich die Prophezeiung eines Flussgottes an eine Person, die in Zukunft vielleicht über Rom herrschen wird und in ihrer Laufbahn gerade an einem kritischen Punkt angelangt ist : Aeneas ist soeben in Italien gelandet und muss nun mitansehen, wie sich eine Koalition italischer Stämme gegen ihn formiert, Maximilian befindet sich auf dem Weg zu seinem Vater Ferdinand  I., dessen Verhandlungen über die Reichsnachfolge mit seinem Bruder Karl V. in eine entscheidende Phase getreten sind. Die oben zitierten Verse, in denen Maximilian als zukünftiger Herrscher über das Heilige Römische Reich gesehen wird, sind somit von hoher tagespolitischer Brisanz. Die Rolle, die Vergil in diesem Spiel um Macht und Legitimation zukommt, wird noch gewichtiger durch den Umstand, dass die Habsburger ihren Anspruch auf die Füh- rung des Römischen Reiches u.a. dadurch begründeten, dass sie ihr Geschlecht über das julisch-claudische Herrscherhaus und den ersten römischen Kaiser Augus- tus bis auf dessen Stammvater Aeneas zurückführten (Tanner 1993). Das zweite Gedicht zum genannten Anlass ist eine in Hexametern verfasste Gratulatio eines Jean Blacque, die dieser zusammen mit einer Paraphrase von Ps 2 in sapphischen Strophen 1552 in Venedig drucken ließ. Das Gratulationsgedicht selbst begrüßt zunächst Maximilian und verleiht der allgemeinen Freude über seine Ankunft Ausdruck (V.  1–31), rühmt dann die Habsburger als Garanten der Ord- nung und Bollwerk gegen die Mächte des Chaos (wohl Türken und Reformato- ren, V.  32–49) und schließt mit guten Wünschen für die Zukunft (V.  50–53). Die klassizistische Umarbeitung von Psalmen war zwar eine allgemein beliebte Übung (CNLS 2, 108), doch wenn Blacque sich hier gerade für Ps 2 als Vorlage entschei- det, so trifft er keine zufällige Wahl : Ps 2 spricht von der Überlegenheit des got- tesfürchtigen Herrschers über die heidnischen Könige und führt so das Thema des zweiten Teils des Gratulationsgedichtes weiter (das seinerseits manchmal, z.B. mit der Anrede Maximilians als Rex regum [V.  1 ; „König der Könige“], schon alttesta- mentarische Töne anschlägt). Das besondere Gewicht, das damit auf Rechtgläubig-
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TYROLIS LATINA Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
TYROLIS LATINA
Subtitle
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
Volume
1
Authors
Martin Korenjak
Florian Schaffenrath
Lav Šubarić
Editor
Karlheinz Töchterle
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78868-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
602
Keywords
Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. Epochenbild (Josef Riedmann) 21
  3. Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
  4. Epochenbild (Lav Šubarić) 55
  5. Dichtung (Martin Korenjak) 66
  6. Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
  7. Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
  8. Biographie (Wolfgang Kofler) 123
  9. Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
  10. Musik (Lukas Oberrauch) 143
  11. Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
  12. Philosophie (Stefan Tilg) 167
  13. Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
  14. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
  15. Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
  16. Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
  17. Theater (Stefan Tilg) 266
  18. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
  19. Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
  20. Brief (Martin Korenjak) 335
  21. Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
  22. Philosophie (Stefan Tilg) 349
  23. Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
  24. Medizin (Lukas Oberrauch) 362
  25. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
  26. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
  27. Dichtung (Martin Korenjak) 397
  28. Theater (Stefan Tilg) 436
  29. Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
  30. Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
  31. Biographie (Florian Schaffenrath) 505
  32. Brief (Martin Korenjak) 517
  33. Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
  34. Philosophie (Stefan Tilg) 545
  35. Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
  36. Medizin (Lav Šubarić) 564
  37. Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
  38. Farbtafeln 593
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