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Theater 275
Katharinen-
dramen
historischer
Kontext
Cornelius Schonaeus. Friccius’ Tobaeus (Valentin, Nr. 175 [= Nr. 190] ; SEM, B 18,
Bl. 31v–85v ; ÖNB, Cod. 13249) ist aber keine Imitation des metrisch komplexen
Ausgangstexts, sondern eine tiefgreifende Umarbeitung in jambischen Senaren. Die
Catharina von 1576 stellt zusammen mit ihrer ‚Nachfolgerin‘ von 1577 ein Beispiel
zugleich für die lokale Adaption eines niederländischen Vorbilds wie für eine radi-
kale Neufassung dar.
Die Innsbrucker Dramen über die Hl. Katharina von Alexandria sollen hier aus-
führlicher behandelt werden : Sie gehören zu den bedeutendsten Dramen nicht nur
der Innsbrucker Jesuitenbühne, sondern des Jesuitendramas im deutschen Sprach-
raum überhaupt, nicht zuletzt, weil sie die frühesten erhaltenen Zeugnisse für das
später auf der Jesuitenbühne so erfolgreiche Märtyrerdrama darstellen. Ein späteres
Innsbrucker Katharinendrama von 1606 stellt sich in die direkte Nachfolge der
1576 und 1577 gespielten Stücke und wird deshalb in der hier gegebenen Gesamt-
darstellung dieser Dramen gegen die sonstige Epocheneinteilung mit behandelt
(Edition : Tilg 2005b). Eine kurze Einzelanalyse der Catharina von 1606 findet
sich dann im Theaterkapitel der folgenden Epoche. Die einzelnen Stücke verbindet
nicht nur der gemeinsame Stoff, sie hängen auch textlich voneinander ab. Das erste
Stück eines anonymen Bearbeiters von 1576 gibt mit relativ geringfügigen Zusätzen
das Vorbild des Lütticher Humanisten Gregorius Holonius wieder (ca. 1531–1594 ;
Catharina, 1556). Ein in Tirol wirkender Niederländer, Johannes Sonhovius, hat
die erste Innsbrucker Katharina dann 1577 stark umgeschrieben und zu einem auf-
wendigen Festspiel gemacht. Der Bearbeiter der dritten Katharina, mutmaßlich
Wolfgang Starck, hat schließlich beide Vorgänger für seine eigene, wieder mehr
aufs Dramaturgische konzentrierte Version benutzt. Zu den einzelnen Bearbeitun-
gen und Bearbeitern s.u. Trotz der Verschiedenheit der Textgestalt verfolgen alle
drei Stücke ein gemeinsames pragmatisches Ziel. Dieses rührt von den historischen
Bedingungen her, unter denen das erste Stück 1576 entstanden ist und die bis zum
letzten Stück 1606 aktuell blieben. Im Folgenden sei deshalb die Entstehungsge-
schichte der ersten Aufführung skizziert.
Das Drama von 1576 war sozusagen als Versöhnungsgabe der Jesuiten an ihren
Landesherrn, Erzherzog Ferdinand II., gedacht. Seit Beginn der Siebzigerjahre des
16. Jhs. war es zusehends zu einer Verschlechterung des Verhältnisses der Jesuiten
zu Ferdinand gekommen. Dessen Förderung der Innsbrucker Franziskaner hatte
einen langlebigen und in vielem kleinlichen Streit zwischen den beiden Orden um
die Gunst des Landesherrn zur Folge. 1572 wurde als Nachfolger des bisherigen
Hofpredigers Petrus Canisius der Franziskaner Johannes Nas bestellt, der über-
haupt ein streitlustiger Mann war und sich bevorzugt mit den Jesuiten anlegte.
Zu einer echten Krise kam es dann 1575 durch das undiplomatische Verhalten des
damaligen Rektors des Innsbrucker Jesuitenkollegs, Wendelin Völck (ca. 1536–
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593