Page - 277 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Image of the Page - 277 -
Text of the Page - 277 -
Theater 277
die Philosophen sämtlich auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Er versucht es bei Katha-
rina nun mit Schmeichelei, mit Versprechungen von Macht und Ehre, doch sie bleibt
standhaft. Darauf lässt er sie auspeitschen und in den Kerker werfen, wo sie Hunger leiden
muss. Eine Taube bringt ihr jedoch Nahrung, Engel trösten sie. Der Kaiserin geht das
Schicksal Katharinas nahe. Zusammen mit dem HeerfĂĽhrer Porphyrius schleicht sie sich
ins Gefängnis, um mit Katharina zu sprechen. Die beiden sehen, wie die Engel Katharina
umsorgen, und werden ihrerseits zusammen mit den Soldaten des Porphyrius zum Chris-
tentum bekehrt. Als Maxentius davon erfährt, lässt er sie enthaupten. Seiner Frau werden
vorher sogar noch die Brüste abgeschnitten. Mit Hilfe des Präfekten Chursasadem lässt
Maxentius ein messerbestĂĽcktes Rad bauen, durch das Katharina sterben soll. Das Rad
wird jedoch auf ein Gebet Katharinas hin von einem Blitz zerschmettert, die Splitter töten
viele umstehende Untergebene des Maxentius. SchlieĂźlich wird Katharina enthauptet. Aus
ihrer Wunde strömt Milch statt Blut. Engel überführen ihren Leichnam auf den Sinai und
legen ihn in ein Marmorgrab. Genau an dieser Stelle soll später das berühmte Katharinen-
kloster am Sinai entstanden sein. Als Katharinas Todes- und zugleich Festtag gilt der 25.
November 306.
In der Folge dieser in ihrem Kern vielleicht im 6./7. Jh. entstandenen Legende
wurde Katharina von Alexandria zur Patronin u.a. der Redner, Philosophen und
Universitäten, aber eben auch – worauf es hier ankommt – der Lehrer, der Schüler
und der Schule als Institution. Im alltäglichen Schulbetrieb der Jesuiten kam Ka-
tharina ganz besondere Verehrung zu. An ihrem Festtag wurden Deklamationen zu
ihren Ehren gehalten. Noch erhaltene Bände literarischer Übungsstücke von Inns-
brucker JesuitenschĂĽlern zeigen einen auffallend hohen Anteil von Gedichten auf
Katharina.6 Erzherzogin Magdalena nannte ihr 1587–1590 in unmittelbarer Nähe
des alten Gymnasiums gestiftetes Konvikt für arme Jesuitenschüler in Hall „Katha-
rinahaus“. Der Stoff war also für das Anliegen der Jesuiten bestens geeignet und
wurde sicher bewusst gewählt. Das Thema „Schulgebäude“ war noch in gleichem
MaĂź wie bei der ersten AuffĂĽhrung 1576 bei den Inszenierungen des Folgejahres
und schließlich von 1606 aktuell, als unter Erzherzog Maximilian III. endlich das
neue Gymnasium eröffnet und zu diesem Anlass bezeichnenderweise wieder auf die
alten Texte von 1576 und 1577 zurĂĽckgegriffen wurde. In dem Bericht der historia
domus (vgl. hier S.Â
332) zur Eröffnung des neuen Gymnasiums wird Katharina auch
ausdrücklich als Patronin erwähnt (Bd. 1,145 ; Sancta Katharina Gymnasii patrona).
1606 ging es freilich nicht mehr um den Wunsch nach einem Schulgebäude, son-
dern um den Maximilian gegenĂĽber bezeugten Dank fĂĽr die ErfĂĽllung ebendieses
6 Vgl. besonders die Epigramma composita ab auditoribus rhetorices 1610–1613 (s. hier S. 398). Dort
finden sich Katharinen-Epigramme auf den Seiten 1–11, 67–79, 177–196 und 241.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ăśberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593