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Beredsamkeit 283
Kürze
Panegyrik um
Cristoforo
Madruzzo
Guidelli zum
Konzil von Trient
Publikum war offenbar illuster ; es wird zu Beginn als „Stadtväter, Helden und
Fürsten“ apostrophiert.
Der Redner beginnt mit der Ankündigung, einerseits über Cles, andererseits über die Bi-
schofswürde zu sprechen, und bittet um das Wohlwollen seiner Hörer (366–367). Zuerst
wird von der Abstammung des zu Feiernden, dann von seinen Studien in Verona und in
Bologna berichtet, wo er es bis zum Syndikus des dortigen Gymnasiums brachte (367–368).
In Trient bekleidete er eine Reihe kirchlicher Ämter. Danach holte ihn Maximilian nach
Innsbruck, bevor er mit nur 29 Jahren zum Bischof von Trient gewählt wurde (368). Was
die Bischofswürde betrifft, so bespricht der Redner kurz die Entstehung des Amtes in der
Urkirche und betont die ihm geschuldete Verehrung (368–369). Im Schlussteil werden beide
Themen zusammen geführt : Cles ist seines Amtes würdig, hat er doch – eine rätselhafte
Behauptung – Trient schon im Krieg aus großer Gefahr gerettet. Er möge sich wie auch alle
anderen Anwesenden über die Ehre freuen, die ihm zuteil geworden ist (369–370).
Die Rede ist in schönem Renaissancelatein gehalten, besitzt eine klare, stringente
Gliederung und ist dabei ziemlich knapp. Der letzte Punkt (für den Pincio sich
wiederholt entschuldigt) mag mit dem Anlass zusammenhängen : Einem Bischof zu
dessen Primiz rhetorisch zu huldigen, wirkt vielleicht nicht nur für modernes Emp-
finden seltsam, sondern könnte auch im zeitgenössischen Trient eine Neuerung ge-
wesen sein, die mancher mit gemischten Gefühlen aufnahm ; in diesem Falle waren
Cles und Pincio möglicherweise darauf bedacht, den Bogen nicht zu überspannen.
Eine ganze Reihe panegyrischer Reden betreffen direkt oder indirekt Cles’ Nach-
folger Cristoforo Madruzzo (reg. 1539–1567). Allerdings sind einige davon ver-
loren, so z.B. zwei Reden des aus Parma stammenden Arztes Cesare Delfino zum
Amtsantritt Cristoforos 1539 bzw. zu seiner Aufnahme ins Kardinalskollegium
1543 (Tovazzi, Nr. 561).
Bei der ersten hier zu besprechenden Rede, mit der Cristoforo zu tun hat, ist er
nicht Thema, sondern ‚nur‘ Auftraggeber. Es handelt sich um eine derjenigen An-
sprachen, die sozusagen zum kulturellen Rahmenprogramm des Konzils von Trient
gehörten. (Solche Reden sind streng von den während der Sitzungen selbst gehal-
tenen zu unterscheiden und tragen einen viel allgemeineren Charakter als diese.)
Ein Tiroler Intellektueller, der auf Madruzzos Anregung die sich hier bietende Ge-
legenheit, sich vor einem erlauchten und internationalen Gremium zu präsentieren,
ergriff und gleich zweimal als Redner auftrat, war der Trientner Arzt und Philosoph
Paolo Guidelli.3 Die eine seiner Ansprachen, gehalten am Auffahrtstag 1562 und
3 Einige Informationen zu seinem Leben, zur Druckgeschichte seiner Werke und zu seinem Adressa-
ten Juan Suárez finden sich bei Tovazzi, Nr. 306.
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- TYROLIS LATINA
- Subtitle
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Editor
- Karlheinz Töchterle
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 602
- Keywords
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Ãœberblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593